Das Abschiebungs-Drama „Deportation Cast“ im Lichthof Theater

Hamburg. Die Verwandlung geschieht blitzschnell. Mit einem bunten Rock, einer Brille, einer Mütze. Aus der Pilotengattin wird eine Roma-Mutter, aus der Teenager-Tochter eine Lehrerin, aus dem epileptischen Jungen ein Arzt. Die vier Schauspieler, die Harald Weiler für seine Inszenierung von „Deportation Cast“ im Lichthof Theater aufgeboten hat, müssen blitzschnell von einer Figur in eine andere springen. Björn Bickers Stück verlangt von den Akteuren, dass sie drei Rollen und sich selbst spielen müssen, und das an weit voneinander entfernten Orten. Der eine Teil seines Abschiebe-Dramas spielt im Kosovo, wohin die Familie von Elvira (Wiebke Wackermann) ausgeflogen wurde, der andere in Deutschland, wo Elviras Freund Bruno (Parbet Chugh) ausrastet, weil seine Freundin in einer Nacht-und-Nebel-Aktion in ihr Geburtsland zurückgebracht worden ist.

Bickers 2012 mit den Deutschen Jugendtheaterpreis ausgezeichnetes Stück beschreibt deutsche Wirklichkeit und den Umgang mit Menschen, die hier eine Heimat gefunden haben, aber von Rechts wegen nur geduldet sind und jederzeit in ihre Heimat abgeschoben werden können – wie die Roma-Familie von Elvira.

Die vier Schauspieler schaffen es durch ihr intensives Spiel, der Verzweiflung und der Tragik Bilder zu geben. Wenn der Vater (Ulrich Bähnk) mit zwei großen Taschen von der Müllhalde kommt oder Elvira sich eine blonde Perücke überstülpt, um in der Stadt „arbeiten“ zu gehen, und dazu „Zigeunernutte“ singt, spürt man, wie ohnmächtig und ausgeliefert diese Menschen sind. Auch die Mutter (Wicki Kalaitzi) kann nicht verhindern, dass die Familie auseinanderbricht.

Die Beamten in der Ausländerbehörde und der Arzt am Flughafen funktionieren nach ihren Vorgaben, für Menschlichkeit ist da kein Platz. Harald Weilers Inszenierung zeigt diese Kälte im Umgang mit den Flüchtlingen und Schutz suchenden Menschen. Liebe hat da keine Chance. „Deportation Cast“ ist in Weilers Inszenierung mit diesen vier großartigen Schauspielern ein Pflichttermin, weil das Stück sich hart an der Realität bewegt und mit den Möglichkeiten des Theaters gesellschaftliche Missstände abbildet. Es ist politisches Theater.

Nächste Vorstellungen: 27.–29.11., 20.15 Uhr, /30.11., 19 Uhr.