Der NDR-Hörfunkjournalist, Mitautor von „Frühstück bei Stefanie“, über seine neue Comedy-Erfindung

Hamburg. Er gehört fast schon zum festen Inventar von NDR 2, in seiner Kurzbiografie auf der Website des Senders steht, er sei in einem Bastkörbchen beim Hauptpförtner ausgesetzt worden. Tatsächlich ist Andreas Altenburg schon seit mehr als 20 Jahren im Sender-Komplex an der Rothenbaumchaussee tätig. 1993 studierte Altenburg Kulturwissenschaften in Lüneburg, und „ich brauchte noch einen Schein im Bereich Medien“, wie er erzählt. An dem Seminar, in das der stämmige 45-Jährige „ohne jede Ambition“ kam, nahm auch ein NDR-Mitarbeiter teil. Der fragte ihn, ob er sich nicht vorstellen könnte, eine Sendung für das Seminar zu moderieren. „Und dann sagte er noch: Komm doch mal vorbei beim NDR. Und schwuppdiwupp war ich freier Mitarbeiter. Ohne genau zu wissen, was mich da eigentlich erwartet.“

Eigentlich wollte Altenburg nie Hörfunkjournalist werden. Trotzdem blieb er dabei, das Studium brach er ab. Dass es nicht lange dauerte, bis seine Kollegen und er selbst „ein gewisses Entertainmenttalent“ bei ihm entdeckten, verwundert kaum, wenn man Altenburg einmal live erlebt hat. Er ist kein Clown, kein Dauer-Comedian, der stets auf der Suche nach der nächsten Pointe ist. Aber ein schelmisches Funkeln blitzt aus seinen Augen. Und er lacht augen- und ohrenscheinlich gern, im Zweifel über sich selbst. Wenn er zum Beispiel von sich sagt, er sei „so eine Art Karriere-Treibholz“: „Man bleibt irgendwo hängen und macht etwas, stellt sich eine Aufgabe und guckt mal, ob man das hinkriegt.“

Die bislang größte Aufgabe, die er hinbekommen hat, ist „Frühstück bei Stefanie“. Die über fünf Jahre und 1066 Folgen laufende Radiocomedy, die Altenburg zusammen mit Harald Wehmeier schrieb und sprach, ist auch noch mehr als ein Jahr nach der letzten neuen Episode präsent bei NDR 2. Läuft man dort durch die Flure, sieht man überall Stefanie-Devotionalien, auch bei Altenburg im Büro hängen Erinnerungen an die außerordentlich erfolgreiche Reihe an der Wand. Und auf einer Tafel stehen Folgentitel und Ideen für Altenburgs seit September laufende neue werktägliche Reihe „Wir sind die Freeses“, in der Altenburg alle Figuren spricht. Die Freeses, das ist eine eigenwillige Patchworkfamilie, bestehend aus Mutter Bianca, Sohn Sven, Oma Rosi und dem Mitbewohner Heiko Postel, deren Zusammenleben man als Hörer jeden Morgen verfolgen kann.

„Die Freeses“ sind kein „Frühstück bei Stefanie“ mit neuem Personal, wie Altenburg erklärt: „Was jetzt anders ist, ist ja nicht nur die Familienkonstellation, sondern die Möglichkeit, die Sachen quasi live zu erzählen. Heiligabend wird es zum Beispiel eine Folge geben, in der die Freeses Weihnachten feiern. Bei ‚Frühstück bei Stefanie‘ hätte das nicht funktioniert, weil die Folgen ja immer im Bistro gespielt haben. Bei den Freeses können wir den Hörer Sachen miterleben lassen: Neulich haben wir Oma Rosi beim Bahnstreik auf der Kreuzung im Taxi ausrasten lassen. Das macht die Produktion zwar aufwendiger, reizt mich aber auch.“ Die Produktion einer Folge von „Die Freeses“ kann einen ganzen Arbeitstag verschlingen, auch wenn „eine Folge pro Tag nur unser Mindestanspruch ist“. Nebenbei arbeitet Altenburg mit Wehmeier auch noch an einer Fernsehserie: „Eine norddeutsche Comedy, mit echten Darstellern und einer weiblichen Hauptfigur. Das könnte schon nächstes Jahr etwas werden.“ Und was passiert, wenn Altenburg einmal nicht da ist, fallen „Die Freeses“ dann aus? In dem Fall hätten sie drei Folgen auf Vorrat: „Ich könnte also spontan drei Tage krank werden“, grinst er.

Jeden Tag aufs Neue lustig zu sein, „das ist auch Handwerk, das kann man sich antrainieren. Es kann ja immer mal etwas passieren: Wir hatten zu ‚Frühstück bei Stefanie‘-Zeiten auch schon Trauerfälle im Umfeld – das ist den Hörern nicht aufgefallen. Wenn man wirklich schlechte Laune hat, ist die Arbeit ein schöner Ausweg, dann kann man mal abschalten von den Dingen, die einen eigentlich beschäftigen.“ Trotzdem freute er sich darüber, nach dem Ende von „Stefanie“ etwas mehr Ruhe zu haben: „Da konnte ich dann so ein bisschen verschnaufen, den Kopf freikriegen von diesem täglichen Druck.“ Während ein Jahr lang ein Best-of der fünf Jahre im Bistro lief, war Altenburg nicht mehr täglich, sondern nur einmal in der Woche gefordert, für die Kolumne „Udo Martens – So seh ich es“. Da liefen im Hintergrund aber auch bereits die Vorbereitungen für ein neues Format, das anschließen sollte an den großen Erfolg: „Das hat man mir schon direkt nach dem Ende von ‚Frühstück bei Stefanie‘ mit sanftem Druck zu verstehen gegeben.“

Und bisher sieht es sehr gut aus für „Die Freeses“. Die Zuschauerreaktionen seien positiv, die anfängliche Skepsis einiger „Stefanie“-Fans überwunden. Das Handy von Sohnemann Sven, das in jeder Folge eine Rolle spielt, hat eine reale Nummer, an die die Hörer Nachrichten und Videos schicken können. Und das tun viele Menschen. Der Anrufspeicher, die Kurznachrichtenliste, sie quellen über. „Das macht viel Arbeit. Man muss diese ganzen Sachen lesen, anhören und beantworten – als Sven Freese.“ Der ist in der Serie gerade elf Jahre alt geworden. Und wenn es nach Altenburg geht, wird die allerletzte Folge „Svennis“ 18. Geburtstag sein.

Andreas Altenburg scheint mit sich selbst im Reinen zu sein. Zwar wäre er auch gern Architekt geworden oder Psychologe, er hätte sich auch „mit der gleichen Leidenschaft“ eine Laufbahn als Landschaftsgärtner vorstellen können. Stattdessen ist das Karriere-Treibholz „halt beim Radio gelandet – ist auch schön“. Sagt er. Man glaubt es ihm gern.

„Wir sind die Freeses“ werktags, 7.17 Uhr, NDR 2