Film- und Fernsehstar Andreas Schmidt spielt in der Uraufführung von „Mittendrin“ in der Komödie Winterhude

Hamburg. Manche Rollen wirken bei einem Schauspieler länger als erwartet nach, manchmal auch bei Zuschauern. „Oh Gott, ist der auch dabei? Das ist doch der kranke Typ aus dem Polizeiruf 110“, stöhnte eine Freundin der Regieassistentin in der Komödie Winterhuder Fährhaus, als sie erfuhr, wer in der Uraufführung von „Mittendrin“ mitspielt.

Andreas Schmidt erzählt das mit einem Lachen. Die Episoden-Hauptrolle des Familienmörders Arne Kreuz, den er am vorvergangenen Sonntag in der Folge „Familiensache“ der ARD-Krimireihe spielte, musste auch er erst mal wieder loswerden.

Der Berliner ist kein großer Krimigucker. Direkt im Anschluss an den „Polizeiruf 110“ saß er aber mit Betroffenen in der Talk-Runde bei Günther Jauch. Geholfen hat ihm die Einladung – erst als zweiter Schauspieler überhaupt war er dort zu Gast. „Jemanden zu begegnen, der so etwas durchgemacht hat und mit Leuten zu sprechen, die sich damit sowohl forensisch als auch psychologisch beschäftigen, das war spannend und auch sehr wichtig.“

Mit dem „110“-Regisseur und -Autor Eoin Moore hatte Schmidt schon seine ersten großen Filmerfolge „plus-minus-null“ und „Pigs Will Fly“ gedreht. „Wenn man dort mehr Probleme mit ans Set bringt, als sie zu lösen, dann hätte ich die Rolle nicht übernommen. Dafür muss sich zu weit in Sachen reinbegeben, als dass ich da noch ertragen würde, wenn dort blöde Stimmung aufkommt. Wir haben dort mindestens so viel gelacht wie hier beim Proben.“

Der 50-Jährige genießt einen Milchkaffee. Im dunkelgrauen Anzug und hellgrauem Hemd wirkt er so schlaksig wie gewohnt, die blauen Augen blicken neugierig. Das Wechselspiel zwischen Krimi und Komödie ist Teil seiner Karriere. „Ich bin ursprünglich auch Schauspieler geworden, weil ich dachte, ich kann so viele verschiedene Dinge erfahren und erleben. In die Haut eines anderen zu schlüpfen, der so abgründig funktioniert wie dieser Arne Kreuz oder so unbeholfen wie Rainer.“

In „Mittendrin“, einer Midlife-Crisis-Komödie von Folke Braband, gibt Schmidt den Noch-Ehemann der berufstätigen Mutter Marlene (Adisat Semenitsch). Für und mit seiner Bühnenpartnerin hatte er in Winterhude schon 2006 „Die süßesten Früchte“ inszeniert. „Wenn das Umfeld nicht stimmt, lehne ich generell ab“, sagt Schmidt. „Dafür ist die Laufzeit des Stücks zu lang. Wir haben den schönsten Beruf, den man sich vorstellen kann.“

Nur an die Bühne musste er sich wieder gewöhnen. „Ich als Schauspieler kein wirklich alter Theaterhase“, räumt der TV-Star ein. Vor seinem Wiedereinsteig in Neil LaButes Gesellschaftskomödie „Fettes Schwein“ 2012 an der Berliner Komödie am Kurfürstendamm hatte Schmidt zehn Jahre lang gar kein Theater gespielt. „Ich bin glücklich, dass ich es mache, aber wenn Sie mich in den ersten Proben sehen würden ... “ Schmidt deutet mit Fuchteln Unbeholfenheit an.

Zum Glück gebe es da Kolleginnen wie Semenitsch, Manon Straché oder Maike Bollow. „Die wissen, wie laut man sein muss, die haben eine Sprechausbildung. Das hab ich alles nie erfahren“, sagt Schmidt. Und lacht mit hoher Stimme. „Ich lerne viel. Nichts macht so viel Freude wie das Lernen. Leider hatte ich das in der Schule noch nicht begriffen... “ Da sang er lieber in der Rockband Lillies große Liebe.

Jetzt kämpft Schmidt um Marlene. Sie ist die Hauptfigur des Stücks. „Es geht darum, dass Frauen in dem Alter wieder neu lernen, Frau zu sein, sich zu verlieben und sich auf jemanden einzulassen. Das sieht man leider auch oft in Deutschland den Frauen an“, behauptet Schmidt. Sehr schade sei das. „Frauen ab 40 bis unendlich können sehr attraktiv sein, wenn sie es nicht vergessen.“

Das ist er wieder, der Frauenliebhaber. Den verkörperte er schon im Kinojahr 2006, damals indes als Lkw-Fahrer und Macho Ronald in Andreas Dresens Erfolgskomödie „Sommer vorm Balkon“. Die schmidtschen Weisheiten 2014 klingen so: „Um manche Sachen muss man kämpfen. Das Leben ist ja kein einziger Vergnügungspark. Und die Liebe auch nicht!“ Dass er für viele Frauen ein interessanter Typ ist, verhehlt er nicht. Er sei aber immer noch sehr überrascht ob seiner Wirkung. „Ich hatte immer ein großes Glück mit Frauen. Ich hatte immer wunderschöne und wunderbare Frauen.“ Warum? „Keine Ahnung!“, sagt er und lacht lauter denn zuvor. Ob wir die Frauen fragen sollen? „Nee, lieber nicht!“

Außer als Regisseur sowie Haupt- und Nebendarsteller hat sich Andreas Schmidt, 2012 für den Fernsehfilm „Ein guter Sommer“ mit dem Grimme-Preis und 2009 mit dem Deutschen Filmpreis als Gurki in „Fleisch ist mein Gemüse“ ausgezeichnet, schon mehrmals als Autor versucht. Mal mit mehr Erfolg wie beim von ihm inszenierten und großteils geschriebenen Stück „Männerhort“ in Berlin und in Winterhude, mal mit weniger wie bei „Die sieben Todsünden“.

Schmidts Spektrum als Schauspieler wird breit bleiben. „Ich möchte so gern mal einen Familienvater spielen. Bisher waren das immer nur Leute, die ihre Familie ausradieren. Aber ich bin gern und mit dem größten Vergnügen Familienvater und hab mich so gefreut, dass man mir das anscheinend auch ansieht.“ Trotz der vorigen TV-Rolle.

„Mittendrin“ Uraufführung Fr 14.11., 19.30 Uhr, bis 18.1., Komödie Winterhuder Fährhaus, Karten unter T. 48 06 80 80; www.komoedie-hamburg.de