Gemeinsamer Arienabend mit der Sopranistin Pumeza Matshikiza

Hamburg. Er hatte sich ansagen lassen wegen einer „schweren Erkältung“. Solcherart entschuldigt, war man auf das Schlimmste gefasst, das jedoch keineswegs eintrat. Rolando Villazón, der infolge einer noch nicht gar so lang zurückliegenden schweren Stimmkrise ohnehin leidgeprüfte Startenor mit dem Temperament eines virilen Spaßmachers, stand seinen Arienabend in der Laeiszhalle mit wachsender Selbstsicherheit durch, stellenweise mit Bravour. Das Programm, bei dem ihm die südafrikanische Power-Sopranistin Pumeza Matshikiza alternierend wie als Duettpartnerin zur Seite stand, war aus italienischem, französischem und spanischem Repertoire gemischt, überwiegend aus dem 19. Jahrhundert.

Villazón zeigte sich rhythmisch und intonatorisch voll auf der Höhe. Zum Husten drehte er sich öfter mal um, anfangs verschämt, im Lauf des Abends jedoch, immer komplizenhafter mit dem Publikum werdend, in theatralisch-verschwörerischer Geste. Doch ob es die Erkältung war oder der derzeitige Stand seines einst so begnadet schönen Tenors: Die Stimme blieb wie von einem Korken gedämpft und klang im Timbre etwas ausgebleicht. Alles andere konnte Villazón bewundernswert präzise abrufen, nur nicht die Schönheit des Klangs. Dass er innerlich unter Dampf stand, zeigten die Schlusstöne mancher Phrasen, die er mehr herauspresste als sang.

In der ersten Hälfte war es beiden Solisten augenscheinlich primär ums Singen an sich zu tun. Villazóns Eröffnungsarie aus Massenets „Le Cid“ verhandelte wie auch seine zweite Solonummer von Francesco Cilea und später Donizettis „Una furtiva lagrima“ Lebens-, Liebes- und Sehnsuchtspein und war entsprechend von Emotionsmoll geprägt. Nach der Pause kehrte Villazón wie verwandelt als Theaterspieler zurück, knipste im „Caro elisir! sei mio!“-Duett aus dem „Liebeselixier“ von Donizetti schelmisch eine Astra-Dose auf, jonglierte mit drei Bällen und warf sich im Folgenden lustig singend selbige im echten wie im übertragenen Sinne mit Frau Matshikiza zu.

Aus einer gewaltigen, ihre Füße wie Meerschaum umspülenden Robe in Altrosa aufragend wie eine schwarze Aphrodite, bot Matshikiza einen souverän intonierten Divensopran auf, dem das gewisse Etwas (noch) fehlt: die unmittelbare Berührung des Zuhörerherzens. An Stimmvolumen überragte sie ihren Partner spielend, die Spitzentöne saßen genau. Ihr Piano sagt noch wenig.

Die Philharmonie Bohuslav Martinu, das Begleitorchester aus Zlin/Tschechien, sängerdienlich geleitet von Guerassim Voronkov, spielte auch vier Instrumentalnummern mit ordentlich Tschingderassabum und ordentlich antiquiert anmutender Musizierhaltung; der viel beschäftigte Solocellist etwa dosierte das Vibrato jeweils in Abhängigkeit von der Treffgenauigkeit seiner Finger auf dem Griffbrett. Am Ende türmten sich die Zugaben wie die Villazón gemachten Fan-Geschenke auf seinen Armen. Nun war beim Zuckergeben des Affen kein Halten mehr. Noch in einer kruden Version von „Pata Pata“ schwamm Villazón selig auf den Wogen der Liebe des Publikums.