Bei der Verleihung der Helmut-Schmidt-Preise wurde über die Branche und den Umgang mit dem Internet diskutiert. Einen Königsweg gibt es nicht, so viel war vorher klar und auch fünf Stunden später.

Hamburg. Wie man den Journalismus in die Zukunft führt, welche Entwicklungen und Ideen Erfolg versprechend sind, das sind Fragen, mit denen sich die Medienbranche oft und ausführlich auseinandersetzt. Auch beim Journalistensymposium im Rahmen des Helmut-Schmidt-Journalistenpreises am Donnerstag heißt das Stichwort Innovation. In vier Vorträgen und einer Podiumsdiskussion werden vor der Preisverleihung Ideen abgewägt und Herangehensweisen diskutiert.

Einen Königsweg, den gibt es nicht, so viel war vorher klar, so viel ist auch fünf Stunden später klar. Volker Lilienthal, Inhaber der Rudolf-Augstein-Stiftungsprofessur für „Praxis des Qualitätsjournalismus“ an der Universität Hamburg, rückt als Ergebnis einer Studie zum Einfluss der digitalen Alltagskommunikation auf den Journalismus besonders das Publikum, die Leser, die Zuhörer und Zuschauer in den Vordergrund und die gestiegenen Möglichkeiten zur Interaktion. Derweil erzählt Hans Leyendecker davon, wie es zum Rechercheverbund von NDR, WDR und „Süddeutscher Zeitung“ kam. Es sei zunächst eine „personalgetriebene Partnerschaft“ gewesen, aufbauend aus der langjährigen Bekanntschaft zu Georg Mascolo. Leyendecker plädiert dafür, aus dem Denken in gewohnten Formen auszubrechen, die Zusammenarbeit mit Fernsehen und Hörfunk hätte ihm gezeigt, wie unterschiedlich die journalistischen Kulturen zum Teil seien. Die Zwischenfrage von Ines Pohl, Chefredakteurin der „taz“, inwiefern er bei der Zusammenarbeit mit gebührenfinanzierten Anstalten von deren Marktmacht profitieren würde, wiegelt Leyendecker ab: „Es ist kein Problem, wenn man Geschichten besser macht.“ Auch gebe es keinen Automatismus, der dafür sorgen würde, dass die „Süddeutsche Zeitung“ in der „Tagesschau“ anstatt anderer Medien zitiert wird. Hilfreich sei die Zusammenarbeit hingegen schon allein aufgrund der gestiegenen Zahl der Köpfe, die an großen, rechercheintensiven Geschichten mitwirken würde: Früher habe er eine Akte oder zwei von einer Quelle bekommen, „heute nimmt jemand einen USB-Stick mit und kopiert ein ganzes Büro. Wie will man so etwas auswerten?“

Die Frage nach dem Umgang mit schierer Masse stellt sich auch für die Teilnehmer der Podiumsdiskussion in Bezug auf die größere Einbeziehung der Leser. Kai Gniffke, der Chefredakteur von ARD aktuell, blickt zurück und stellt fest, dass der Personalaufwand, um die Kommentare zu Artikeln zu moderieren, immens gewesen sei, in der Anfangszeit, als man alles kommentieren konnte. Und Pohl konstatiert selbstironisch: „Bei der so freiheitsliebenden „taz“ kann man Kommentare nur nach Anmeldung hinterlassen.“ Lilienthal berichtet aus seiner Studie, die „Welt“ habe damit aufgehört, Artikel zum Thema Israel bei Facebook zu posten, weil diese sofort mit antisemitischen Kommentaren geflutet worden seien. Beim Umgang mit sozialen Netzwerken schließt man sich der Meinung von Pohl einhellig an: Man solle journalistische Inhalte nicht so machen, wie Twitter oder Facebook es möchten, sondern diese Möglichkeiten nutzen, um Aufmerksamkeit für die Sorte Journalismus zu generieren, die man anzubieten habe. Michael Bröcker, Chefredakteur der „Rheinischen Post“, sieht eine erfolgreiche Zukunft darin, auf die individuellen Fähigkeiten der einzelnen Medien zu setzen, in seinem Fall auf kompetenten Lokaljournalismus: „Wir haben Lokalredakteure, die wissen Dinge, die auch Google nicht weiß. Das ist unsere Stärke.“ Auch Leyendecker hatte vorher bereits festgestellt: „Jeder braucht seine Marke.“

Trotzdem stellt sich am Ende immer noch die Frage nach der Finanzierung von qualitativ hochwertigen Inhalten: Anders als Start-ups wie der Lokal-Blog „HH-Mittendrin“ oder das bayerische Print-Magazin „Muh“, die primär von Idealismus getrieben sind, müssen hauptberufliche Journalisten auch von ihrer Arbeit leben können. Dass beispielsweise die „taz“ seit einigen Jahren schwarze Zahlen schreiben würde, sei „einigermaßen spektakulär“, so Pohl. Man sei aber auch weiterhin über jede Einnahme froh: „Wir nehmen auch von Banken Geld.“