Ehrung in Hamburg: Hanns-Joachim-Friedrichs-Preise an ARD-Korrespondentin Golineh Atai und Dokumentarfilmer Stephan Lamby verliehen

Hamburg. Jahrzehnte journalistischer Erfahrung aus ARD und ZDF waren am Mittwoch Abend im Rolf-Liebermann-Studio des NDR versammelt, als vor einem Publikum mit vielen Branchen-Größen gleich zwei Hanns-Joachim-Friedrichs-Preise für exemplarische Leistungen vergeben wurden. „Exzellentes Handwerk und aufrechte Haltung, auch wenn es wirklich schwierig wird“, das waren die Maßstäbe, die beide Preisträger nach Meinung der Jury erfüllen.

Über Golineh Atai, seit etwas über einem Jahr ARD-Korrespondentin in Moskau und in dieser Zeit mit schwersten Krisen und Konflikten beschäftigt, sagte der frühere WDR-Intendant Fritz Pleitgen, ihre erste Berichterstattung über den Abschuss von Flug MH-17 über der Ostukraine, kurz nach der Tragödie unter größtem Druck entstanden, habe auch heute noch Bestand. „Das war und ist bester Nachrichtenjournalismus – unparteiisch, sachlich, so wie der Namensgeber des Preises guten Journalismus definiert hat. Golineh Atai betrachtet sich nicht als Frontberichterstatterin, aber diese Rolle ist ihr unter anderem bei den blutigen Auseinandersetzungen in Kiew nicht erspart geblieben. Das Publikum fühlt sich bei ihr gut aufgehoben, sie ist eine geborene Auslandskorrespondentin.“ Im Interview mit „Tagesthemen“-Anchorman Thomas Roth beschrieb Atai ihre Perspektive auf die Vorgänge: „Das ist kein leichtes Jahr gewesen, für uns alle. Es war ein unberechenbares Jahr. Viel Eindeutiges hat sich mehrdeutig präsentiert.“ Diesen Eindruck unterstrich auch der langjährige „Spiegel“-Russlandkorrespondent Christian Neef: „So etwas wie dieses Jahr habe ich noch nicht erlebt. Das ist ein Jahr gewesen, das uns langfristig prägen wird.“

Thematisiert wurde auch das enorme Ausmaß von Kritik und Anwürfen, mit denen sich nicht nur die ARD-Korrespondenten wegen ihrer vermeintlich zu russlandkritischen Berichterstattung über den Ukraine-Konflikt auseinandersetzen mussten. „Das Erschreckendste ist der Ton“, sagte Neef. WDR-Chefredakteurin Sonia Seymour Mikich betonte, wie wichtig es sei, den Kollegen im Ausland den Rücken zu stärken und ihnen zu signalisieren: „Was ihr macht, ist gut.“

Der zweite Preis des Abends ging an den Hamburger Dokumentarfilmer, Autor und Produzenten Stephan Lamby. „Gerade in der beschleunigten Medienwelt hat es das Genre der politischen Dokumentation schwer“, sagte Thomas Roth. Die Positionierung im Spannungsfeld zwischen Nähe und Distanz ist Lambys Markenzeichen. „Ich gehe nicht davon aus, dass mir Politiker in meinen Interviews immer die Wahrheit sagen“, beschrieb Lamby seine Herangehensweise an Mächtige und ihre Methoden. „Das ist manchmal wie ein Schachspiel – die ersten zwei Züge kann man noch ahnen und planen, interessant wird es ab dem dritten, vierten Zug.“ Und er verriet noch ein Rezept, um selbst Profis wie Henry Kissinger zum Reden zu bringen: „Freundlich anfangen, freundlich aufhören.“