Leif Ove Andsnes und das Mahler Chamber Orchestra glänzten mit den Klavierkonzerten zwei bis vier

Hamburg. Im Kopfsatz seines zweiten Klavierkonzerts unterbricht Beethoven die spritzige Springinsfeld-Laune für ein paar Takte, um mit einer verträumten Melodie kurz innezuhalten. Nichts Großes, nur ein hübsches Intermezzo, sollte man meinen. Doch als Leif Ove Andsnes dort mit einem Triller ein leichtes Spannungszögern andeutete, und als das Mahler Chamber Orchestra (MCO) die idyllische Klangfläche in ein mildes Abendlicht tauchte, da verströmte die Passage plötzlich einen ganz besonderen Zauber.

An solchen kleinen Wundern – und davon gab es einige – zeigte sich das Ausnahmeniveau des Abends, der den Elbphilharmonie Konzerten in der ausverkauften Laeiszhalle einen fulminanten Saisonstart bescherte. Im normalen Repertoirebetrieb bleibt den Orchestern und ihren Gästen ja nur wenig Zeit für Detailarbeit. Andsnes und die multinationale Elitetruppe des MCO feilen dagegen schon seit Jahren an den Feinheiten ihres Beethoven-Bildes. Dieses blinde Verständnis zwischen dem dirigierenden Solisten und seinen Partnern war in jedem Takt der Klavierkonzerte zwei bis vier zu spüren.

Der norwegische Pianist spielte mit dem Rücken zum Publikum, damit die Orchestermusiker links und rechts nahe am Flügel dran sitzen und in engem Kontakt bleiben konnten. Mit knappen, klaren Gesten gab Andsnes die Richtung vor und formte Nuancen, wie sie nur im intimen Dialog möglich sind: Ein kurzes gemeinsames Atmen vor dem Eintritt eines neuen Themas im vierten Konzert etwa, oder eine steile Steigerungskurve im dramatischen dritten.

Trotz ihrer beeindruckenden Präzision spielten die Weltklasseinterpreten zugleich auch mit einer mitreißenden Frische, als hätten sie Beethovens Partituren gerade erst neu entdeckt. Durch dieses Miteinander von Sorgfalt und Spontaneität drangen sie bis in die Tiefenschichten der Musik vor – dorthin, wo der Komponist im Notentext immer wieder persönliche Botschaften aufscheinen lässt: Sein kraftvolles Plädo-yer für die Freiheit, aber auch ein Bekenntnis zur eigenen Verletzlichkeit, dem Andsnes in den langsamen Sätzen mit warmem Ton nachspürte. Der Pianist holt Beethoven vom Sockel des „Titanen“ herunter und stellt ihn mit beiden Beinen auf den Boden, wo wir ihm durch die Augen in die Seele schauen dürfen. So nahe kommt man dem Menschen Beethoven nur selten.

Beethoven-Journey Teil 2 30.9., 19.30, Laeiszhalle. Restkarten zu 8,- bis 63,- unter T. 35 76 66 66