Das italienische Ensemble Il Pomo d’Oro spielte zum Saisonauftakt des Alten Werks Händels „Tamerlano“ in der Laeiszhalle

Hamburg. Große Party beim ehrwürdigen Alten Werk, wer hätte das gedacht? Bei der Saisoneröffnung der Reihe hat das italienische Ensemble Il Pomo d’Oro nach drei Stunden mit Händels „Tamerlano“ mal kurz eine barock beschwingte Fassung von „Happy Birthday“ zugegeben.

Dass das Publikum zu fortgeschrittener Stunde noch Jubelchöre anstimmte, spricht für die Qualität dieser Aufführung, deren schlagendes Herz ein No-Name am Pult war, der junge Russe Maxim Emelyanychev. Er ließ die Musik einfach durch seinen Körper hindurchfließen. Und die paar Streicher und die noch wenigeren Bläser folgten ihm durch das Universum der Partitur wie auf Zehenspitzen.

Was für ein Unterschied zu Händels noch arg zusammengestoppeltem Opernerstling „Almira“, der im Frühjahr an der Staatsoper lief. In jeder Arie, jedem Ensemble des „Tamerlano“ entfaltet Händel einen anderen Affekt. Seinen Figuren hat er Widersprüche und Charakternuancen in Lebensgröße einkomponiert und jede Menge leistungsschautaugliche Koloraturen gleich dazu. Die Countertenöre Max Emanuel Cencic und Xavier Sabata überboten einander in Virtuosität und Farbvielfalt. Der Tenor John Mark Ainsley durfte als Bajazet die große Sterbeszene am Schluss über weite Strecken allein gestalten. Er zürnte und zweifelte und stammelte irgendwann nur noch Silben, sodass der ganze Saal mitlitt. Und die Sopranistin Sophie Karthäuser in der Rolle der Asteria spannte weite Melodiebögen und verzierte mit der Natürlichkeit gesprochener Sprache. Ihr Duett „Vivo in te“ mit ihrem Geliebten Andronico alias Cencic, umsäuselt von Travers- und Blockflöten, wurde zu einem der ergreifendsten Momente des Abends.

Dass Sophie Karthäuser als Einzige ohne Abstriche auf dem Balkon zu hören war – geschenkt. Die Laeiszhalle ist einfach kein Barocksaal.

Das vollständige Programm unter www.ndr.de/orchester_chor/das_alte_werk/index.html