Hamburg . Der Klaus-Michael Kühne-Preis geht in diesem Jahr an den Schriftsteller Per Leo. Der Wahl-Berliner erhält die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung für seinen autobiografischen Roman „Flut und Boden“, der anhand einer Bremer Familie exemplarisch vom Nationalsozialismus und der Geschichte des 20. Jahrhunderts erzählt. In „Flut und Boden“ geht es um einen Mann, der die Geschichte seiner Sippe zusammenträgt – und dabei auf die Verstrickung des Großvaters in das nationalsozialistische Verhängnis stößt. Der Großvater war Leiter eines NS-Rasse-Amtes und nach dem Krieg eine unnahbare Person. Von ihm wird hier genauso erzählt, wie von dem in einer persönlichen Krise befindlichen Enkel: Indem dieser die alten Geschichten der Familie zusammenfügt, bewältigt er die Krise.

„Per Leo verzichtet auf die typischen Handlungsstränge eines Romans, der die NS-Zeit thematisiert, und doch verdrängt oder verschweigt er nichts. So wird das oft Gesagte ganz neu erzählt“, heißt es in der Begründung der Jury, die aus den Literaturkritikern Ulrike Sarkany (NDR), Sebastian Hammelehle („Spiegel Online“), Andrea Ritter („Stern“), Oskar Piegsa („Zeit Campus“) und Thomas Andre (Hamburger Abendblatt) bestand. In vier Debütantensalons, die im Rahmen des Harbour Front Festivals stattfanden, entschieden die Juroren über die Vergabe des Preises, der bislang unter anderem an die Autoren Albrecht Selge und Olga Grjasnowa ging.

„Virtuos und mit gelegentlich aufblitzendem trockenem Humor“ variiere Per Leo Themen, Figuren und sogar ideengeschichtliche Exkurse, heißt es in der Begründung, und weiter: „So gelingt ihm eine freie, zeitgemäße Improvisation über ein klassisches Thema, das von der Liebe zu Werder Bremen ebenso erzählt wie von der Begeisterung für die Rockband Nirvana“. Mit „Flut und Boden“ war Leo für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert. Der Kühne-Preis ist seine erste literarische Auszeichnung.