Der erfolgreiche US-Anbieter zeigt seit Dienstag auch in Deutschland Filme und Serien im Abonnement

Hamburg. Die gute Nachricht gleich vorweg: Niemand muss seinen Kabelanschluss kündigen, die Satellitenschüssel vom Dach reißen oder sämtliche Konten bei anderen Videoanbietern stilllegen. Netflix, der US-Platzhirsch unter den Streamingdiensten, ist seit Dienstag auch hierzulande für alle, die Filme und Serien über das Internet schauen möchten, verfügbar. Die große Revolution des Fernsehens, sie bleibt aber vorerst aus.

Das Angebot, mit dem Netflix in Deutschland an den Start geht, ist gut, aber es ist auch nicht der Schlag ins Kontor, der verschiedentlich von der Konkurrenz befürchtet wurde. HBO-Serien wie „Game of Thrones“ werden weiterhin zunächst bei Sky laufen, die Verlängerung des Exklusivvertrags zwischen dem Kabelanbieter und dem Pay-TV-Sender gab Sky zu Beginn der Woche bekannt. Tatsächlich sucht man auch ältere HBO-Produktionen wie „Die Sopranos“ oder „The Wire“ vergeblich bei Netflix. Beworben werden vor allem die erfolgreichen Eigenproduktionen wie „House of Cards“ oder die Gefängnisserie „Orange is the New Black“. Auch „Breaking Bad“ und „Sherlock“ fehlen nicht.

Im Filmbereich ist man mit der bunten Mischung aus leidlich aktuellen Blockbustern wie „Thor“, „Captain America“ oder „Inception“, Arthouse-Streifen wie „Das Mädchen Wadjda“ und Lars von Triers „Melancholia“ und allenfalls für Trash-Liebhaber interessanten Machwerken wie „Sharknado“ ebenfalls gut, aber nicht überragend aufgestellt. Die deutschen Originalserien wie „Der Tatortreiniger“, „Pastewka“ und „Stromberg“ und das Filmpotpourri zwischen Til Schweigers „Keinohrhasen“, Fatih Akins „Soul Kitchen“ und verschiedene andere Kino- und TV-Produktionen dürften gleichermaßen auf interessierte Liebhaber stoßen.

Und auch, was die Kosten angeht, bewegt sich Netflix im oberen Mittelfeld. Der beworbene Zugang für 7,99 Euro im Monat dürfte zugleich der am wenigsten nachgefragte werden: Er bietet nur SD-Auflösung und ein Endgerät, auf dem abgespielt werden kann. Für den markttypischen Preis von 8,99 Euro bekommt man die Inhalte in HD und darf zwei verschiedene Geräte anmelden. Wem es nach – nur sporadisch verfügbaren – noch höheren Auflösungen und nach noch mehr Computer, Smart-TVs oder Tablets verlangt, muss noch etwas tiefer in die Tasche greifen und 11,99 Euro im Monat für vier Endgeräte und die 4K-Option zahlen.

Von der „Zukunft des Fernsehens“, wie Netflix-Chef Reed Hastings das Angebot nennt, ist seine Firma allerdings trotzdem ebenso wie alle anderen am Markt weit entfernt: Fernsehen, das heißt schließlich nicht nur Unterhaltung und Dokumentation, sondern auch aktuelle Berichterstattung. Die Zukunft des Unterhaltungsfernsehens hingegen, sie wird mittelfristig gesehen wohl tatsächlich bei Abonnement-Anbietern liegen, die über das Internet „senden“.

Dieser Verbreitungsweg hat aber auch seine Tücken: Interessant dürfte es werden, wenn die Anmeldungen bei Netflix zunehmen. Dann wird sich zeigen, ob man genügend Serverkapazitäten angemietet hat, um der gleichzeitigen Nachfrage Herr zu werden. In seinem Heimatland den USA ist Netflix im ersten Halbjahr 2014 laut einer Statistik des Netzwerkanbieters Sandvine für fast ein Drittel des gesamten Datenverkehrs im Internet verantwortlich gewesen. Insofern dürfte man auch beim deutschen Ableger auf einen Massenansturm vorbereitet sein.