Mit einer engagierten Studie zum Potenzial der Musikstadt Hamburg betont die Handelskammer die Bedeutung dieses Themas für die Zukunft.

Hamburg. Die Messlatte für die Musikstadt Hamburg hängt ab sofort, etwa zwei Jahre vor der geplanten Fertigstellung der Elbphilharmonie, auch konzeptionell sehr hoch: „Es muss unser Anspruch sein, nicht nur Deutschlands Hafen-, sondern auch Deutschlands Musikstadt Nummer eins zu sein. Dieses Ziel ist anspruchsvoll, aber nicht unrealistisch.“ Diese Ansage machte Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz – schöne Idee – im Merkur-Saal, benannt nach dem römischen Gott für Handel, Reichtum und Gewinn. Dort stellte er ein Positionspapier vor, mit dem die Handelskammer klarstellt, welche Wirtschaftskraft und Imagewucht für sie bereits jetzt im Thema Musikstadt steckt und wie viel mehr Musik und lieblich klingende Münze zu erwarten sind. „Man kann nach den Investitionen in den Bau der Elbphilharmonie nicht nach 80 Prozent der Wegstrecke stehen bleiben. Jetzt ist noch Zeit, sich auf den Punkt vorzubereiten, wo die Welt auf Hamburg sehen wird“, betonte er und legte nach: „Vielleicht ist noch nicht allen klar, wie bedeutend Musik schon jetzt als Wirtschaftsfaktor ist.“

Die Zahlen zur Erklärung dieser Einschätzung sprechen eine deutliche Sprache: Die musikrelevante Bruttowertschöpfung in Hamburg aus Musikwirtschaft und Tourismus summiert sich auf knapp eine Milliarde Euro. Eine bundesweite Umfrage hat ergeben, dass in den letzten fünf Jahren der Besuch eines Konzerts oder Musicals einer der relevantesten Gründe für die Reise nach Hamburg war – noch vor dem Shopping-Wunsch oder einer Sportveranstaltung. Musik hat für Hamburg eine ähnlich große Bedeutung wie der Hafen. Die Deutschen assoziieren mit der Kombination Hamburg und Musik drei Themen: Musicals, Reeperbahn und St. Pauli und die Elbphilharmonie. Das neue Konzerthaus kommt dabei schon jetzt auf 43 Prozent Aufmerksamkeitsanteil. Sein tourismuswirtschaftliches Potenzial liegt bei rund 100 Millionen Euro jährlich, prognostiziert die Handelskammer und folgert daraus: „Die Elbphilharmonie hat das Potenzial, wirtschaftlichen Erfolg in unserer Stadt zu sichern und weiter auszubauen.“

Ebenfalls eine sichere Bank: die Musicals. Die touristische Kundenwertschöpfung der Stage-Produktionen werde auf jährlich 500 Millionen Euro taxiert. „Mit dem Bau der weiteren Musicaltheater im Hafen und in den Großmarkthallen wird Hamburgs Position in diesem Marktsegment weiter gestärkt. Auch die Reeperbahn wird abgerechnet und für gut befunden. „Das Reeperbahn Festival ist eine der besten Erfindungen, die es je gab“, sagte Schmidt-Trenz.

Für ihn haben die Hamburger den „Anspruch auf eine stadtwirtschaftliche Rendite“. Eine Musikstadt definiere sich für die Deutschen über drei Punkte: berühmte Spielstätten, die Aufführung von Opern, Konzerten und Musicals, das Ausrichten von Festivals. Hamburg sei damit, jetzt oder bald, dreifach erfolgreich am Start. Daraus ergibt sich die Handelskammer-Vision: „Bis 2025 wird Hamburg für Experten, Touristen und die Hamburger Bevölkerung die relevanteste Musikstadt Deutschlands.“

Außerdem listet die Studie mehr als ein Dutzend Maßnahmen auf, die beim Erreichen des Klassenziels helfen sollen: verstärktes internationales Marketing für das Reeperbahn Festival und eine „geografische Ausdehnung“. Die seit Langem erhoffte Realisierung einer Spielstätte mittlerer Größe (2000 bis 4000 Plätze). Ein ordnungsrechtlicher Rahmen für mehr Livemusik und mehr Raum für „experimentierfreudige Spielstätten“. Die Förderung digitaler Geschäftsmodelle. Eine „Willkommensatmosphäre für junge Musiker“ durch mehr Proberäume und städtische Stipendien für Pop-„Artists in Residence“. Mehr standortrelevante Musikpreise. Eine zentrale Internetseite der Musikstadt Hamburg.

Ebenfalls auf der Wunschliste der Handelskammer: ein internationales Vermarktungskonzept für Musikstadt und Elbphilharmonie, „denn in der Vermarktung der Stadt spielt die Musik bislang eine untergeordnete Rolle“. Die Sicherstellung einer „erstklassigen Orchesterlandschaft“, vor allem in Bezug auf das NDR Sinfonieorchester als zukünftiges Elbphilharmonie-Residenzorchester. Mehr privatwirtschaftliche Unterstützung für das KomponistenQuartier in der Peterstraße, die stärkere Würdigung aktueller und historischer Musikerpersönlichkeiten. Die Stärkung des musikalischen Angebots von und für Jugendliche. Eine „Lange Nacht der Musik“. Ein „One-Stop-Shop“ als zentraler Ansprechpartner für Organisation und Durchführung von Musikfesten.

Kultursenatorin Barbara Kisseler kommentierte die vielen Steilvorlagen erfreut: „Bereits der erste Blick auf das Standpunktepapier bestätigt einmal mehr den Wert der Kultur für eine Stadt und zeigt zudem, dass die Elbphilharmonie schon jetzt – ganz sicher aber nach Inbetriebnahme – für die Entwicklung der Stadt nicht nur kulturell ein erhebliches Potenzial birgt.“ Für die Wahrnehmung dieser Wertanlage will Schmidt-Trenz auch im Dialog mit Bürgermeister Scholz sorgen: „Wir werden das jetzt forciert ansprechen. Es wäre klug, wenn man sich darauf vorbereitet. Ich bin mir sicher, dass er das tun wird.“

Das Standpunktepapier unter www.hk24.de