Er spielte in den drei erfolgreichsten deutschen Kinofilmen und drehte mit Stars wie Nicole Kidman, Gregory Peck und Tom Cruise. Sky du Mont ist im Ausland groß geworden, lebt aber nun seit zehn Jahren in der für ihn „tolerantesten Stadt Deutschlands“.

Schon die Namen verraten, dass wir uns auf dem Weg zu einem Künstler befinden: Tannhäuser, Nibelungen, Lohengrin, Tristan, Rheingold – so heißen die Wege hier. Die ganz große Oper mitten in Rissen. Nicht nur die Straßen, auch die Vögel scheinen sich besonders ins Zeug zu legen. Singen sie hier im Grünen lauter als in der Stadt, oder ist die Stadt hier nur nicht so laut wie sie? Die Vorgärten gepflegt, eine Frau wäscht ihren Wagen. Schöne, nicht zu protzige Häuser. Vor einer steht ein Fahnenmast mit einer St.-Pauli-Flagge. Totenköpfe in Rissen, unerwartet aber umso besser. „Neven du Mont“ steht auf dem Klingelschild der weißen Villa geschrieben. „Kommen Sie herein“, ruft Sky du Mont seinem Besucher zu. So, liebe Vögel, und hier habt ihr euren Meister gefunden. So wie er klingt eben keiner. Dieses Timbre besteht auch im fettesten Großstadtlärm. Sky du Monts Stimme ist sein Markenzeichen. Andere würden sagen, es sei sein Äußeres, seine große Erscheinung mit den silbergrauen Haaren, unzählige Male im Fernsehen als Charmeur, Liebhaber oder Bösewicht erblickt.

Aber gut aussehen können viele. Ein Telefonbuch vorlesen die wenigsten. Ja, Sky du Mont könnte aus Namen und Ziffern einen Hörgenuss zaubern. Muss er nicht, bei seinen Lesungen präsentiert er richtige Storys, immerhin hat er schon sieben Bücher geschrieben, aber die interessanteste Geschichte ist seine eigene: Warum Skys Name eigentlich gar nicht sein Name ist. Wieso seine Eltern nach Argentinien fliehen mussten. Wie er mal einen Vertrag als James Bond unterschrieb. Was er von Stanley Kubrick lernte. Wieso er seine Kinder am meisten liebt, wenn sie bei den Schwiegereltern sind – das alles erfährt man bei einem Nachmittag in Rissen mit Sky du Mont.

Sky heißt eigentlich Cay – sein Bruder hatte den Namen falsch verstanden

Rissen ist grün. Der Stadtteil im äußersten Westen Hamburgs an der Grenze zu Schleswig-Holstein wird geprägt vom Waldgebiet Klövensteen, dem Naturschutzgebiet Schnackenmoor und einem Leuchtturm am Strand von Wittenbergen, der als Postkartenmotiv weltweit Karriere machen könnte. Sky du Mont liebt diese Umgebung: „Wenn ich aus dem Fenster auf eine andere Hauswand gucke, bekomme ich Depressionen. Ich muss Grün sehen.“ Vor zehn Jahren zog er von München nach Hamburg, zunächst nach Groß Flottbek, dort hatte er den Fluglärm unterschätzt – und die Reaktionen der Hamburger. Du Mont trat in die Organisation gegen den Fluglärm ein, sein Engagement als Prominenter kam nicht bei jedem gut an. „Es ist eben nicht hanseatisch, laut zu protestieren,“ sagt du Mont.

In Rissen zog er erst in ein Haus gegenüber von einer Schule. Was wunderbar war, bis Sky du Mont 2001 mit „Der Schuh des Manitu“ einen solchen Kinoerfolg landete, dass in jeder Pause 20 Kinder vor seiner Tür standen. Also war ein weiterer Wechsel nötig. Auf einem Pfeifengrundstück im Nibelungenviertel lebt Sky du Mont nun mit seiner Frau Mirja und seinen beiden Kindern Tara, 13, und Fayn. Der 8-Jährige sieht fast genauso aus wie sein Vater als Kind. Sky du Mont zeigt Fotos von früher. Auf einem sitzt er neben seinem großen Bruder auf einem Zaun, beide hochgekrempelte Jeans, Hemden, große Gürtelschnalle, keine Socken. Extrem fesch. Wären die Geschwister in Neuengland anstatt in England und der Schweiz groß geworden, hätten sie die perfekten Preppys werden können. Den alten Dresscode der Eliteschüler sieht man heute noch an einigen Gymnasien von Blankenese oder Othmarschen. Mode wiederholt sich. Stil hingegen ist zeitlos. Das Wohnzimmer der du Monts: zeitlos. Ein Kamin, ein sehr großer Couchtisch, darauf ein Hermès-Aschenbecher (unbenutzt), zwei beige Sofas und ein Sessel so groß und tief, dass man sich kaum anlehnen kann. Viele gerahmte Fotos, Bücher und vor allem Bilder. „Ich liebe Bilder“, sagt Sky du Mont. So sieht der Besucher bei einer kleinen Kunstführung die ganze Welt versammelt in einem Haus in Rissen. Im Esszimmer hängt das Kostüm eines Torero, das das Ehepaar du Mont in Marbella entdeckte. Rechts vom Flachbildschirmfernseher sieht man Paris bei Nacht, gemalt von einem Russen, gekauft auf Hawaii. „Wie es dort hingekommen sein mag, weiß kein Mensch“, sagt du Mont.

Zum Geburtstag schenkte er seiner Frau außerdem ein Gemälde der HafenCity, weil sie die Elbe so liebe und das Großstädtische. Ohnehin würde sie viel lieber in der Innenstadt wohnen, aber er braucht die Natur, die Ruhe. Seine berühmte Verleger-Familie tritt ebenfalls in Form von Kunst auf. Ein Bild zeigt Sky du Monts Großvater, gemalt von seinem Vater. August Neven du Mont ist inzwischen verstorben, Sky du Monts Mutter lebt in Südspanien. „92 Jahre alt und topfit.“ Das letzte Bild zeigt Fayn am Strand. „Den Namen meines Sohnes habe ich geträumt“, erzählt Sky du Mont, der seinen eigenen ebenfalls ungewöhnlichen Vornamen einem Missverständnis verdankt. Seine Eltern waren vor dem Naziregime nach Argentinien geflohen, dort musste man Kindern zu der Zeit lateinische Vornamen geben. Als Sky 1947 geboren wurde, nannten sie ihn Cayetano Marco Claudio. Seinem großen Bruder stellte die Mutter das Baby mit den Worten vor: „This is Cay.“ Der verstand allerdings Sky, und so wurde er vom dritten Tag seines Lebens Himmel genannt. Ein Himmel, der nach Hamburg zog.

In Rissen geht der Schauspieler häufig mit seinem Hund Yuma spazieren. Vorbei an den Pferdekoppeln oder durch den Forst Klövensteen. Du Monts Tochter reitet sehr gut, er selbst steigt jetzt nicht mehr in den Sattel, aber ihm gefallen die Ställe und die Koppel, denn sie erinnern ihn an das Land, in dem er viele Jahre lang lebte: „Es wirkt so englisch.“ Wenn Sky du Mont in seinem Stadtteil unterwegs ist, dann sagt er genau wie die anderen Rissener: „Ich gehe ins Dorf.“ Rissen war früher ein armes Bauerndorf in der Heide. 1255 wurde „Risne“ erstmals erwähnt. Übersetzt bedeutet der Name „Strauch“, und genauso karg und ruppig sah die Gegend aus. Der missverständliche Spruch „In Rissen kunnt se nix missen“ bedeutete, dass die Leute einfach gar nichts hatten. Die Zukunft als nobler Elbvorort war weit entfernt. Doch die Bauern waren erfinderisch und organisierten die sogenannten „Dreckfuhren“. Da es noch keinen Dünger gab, machten sie sich in der Nacht auf den Weg nach Altona, leerten dort die Latrinen und brachten den Inhalt im Morgengrauen auf ihre Felder. Die Heuernten und Milcherträge konnten so erheblich erhöht werden. Im 18. und 19. Jahrhundert standen wunderschöne, reetgedeckte Bauernkaten in Rissen. Von ihnen blieben leider kaum welche erhalten. Nicht der Krieg zerstörte sie, sondern schlechter Geschmack.

Du Mont kennt die Leute in den Läden, den Zeitungshändler, den Apotheker, die Bäckerin. „Ich spreche gerne mit anderen“, sagt er und fügt lachend hinzu: „Ich bin gar nicht so arrogant, wie ich ausschaue.“ Der Schauspieler litt lange darunter, dass viele ihn in die Schublade „schnöseliger Beau“ steckten. Deshalb spielte er viel Theater, um zu zeigen, was er drauf hat. In Rissen gibt es seit 1855 ein Theater. Die Volksspielbühne Rissen e.V. wurde von drei Männern gegründet, die der Meinung waren, dass Rissen Kultur fehle. Drei niederdeutsche Stücke pro Jahr werden seitdem aufgeführt, das nächste große Stück, die Komödie „Minsch sien mutt de Minsch“, startet im Oktober. 1964 wurde es schon einmal gespielt, damals kostete der Eintritt zwei Mark. Für sein erstes Engagement am Staatstheater Berlin bekam Sky du Mont 1969 monatlich 400 Mark im Monat. Viel Geld für ihn, denn in seinen Anfangsjahren in München hatte der Schauspielschüler so gut wie nichts. Seine Schauspiellehrerin brachte ihm Linsensuppe in Thermoskannen mit, weil der Junge immer so ausgehungert auf sie wirkte. „Sie war die erste Frau, die mich gelobt hat“, erzählt Sky du Mont voller Respekt. Ohne diese außergewöhnliche Person stünde er heute nicht da, wo er ist.

Sky du Mont spielte in den drei erfolgreichsten deutschen Filmen seit Beginn der modernen Zuschauerzählung 1980 mit. Als Ernesto in „Otto – der Film“, als William der Letzte in „(T)Raumschiff Surprise – Periode 1“, und fast zwölf Millionen Deutsche sahen du Mont als skurrilen Bösewicht Santa Maria in „Der Schuh des Manitu“. Doch seine für ihn persönlich wichtigste Rolle übernahm er 1988 in der Mini-Serie „Feuersturm und Asche“, ein später ausgezeichnetes TV-Epos mit Riesen-Staraufgebot. Du Mont spielte den Grafen von Stauffenberg. „Wenn man jemanden darstellen darf, den es wirklich gab, bei dem man seine Bewegungen, seine Mimik, seine Art zu sprechen nachahmen kann, dann ist das für einen Schauspieler eine tolle Herausforderung. Wir wollen doch immer nur zeigen, was wir können“, erklärt du Mont. Die Verkörperung des Offiziers, der das missglückte Attentat auf Hitler verübte, gelang ihm so gut, dass Stanley Kubrick ihn ohne Probeaufnahmen für „Eyes Wide Shut“ engagierte, wo der unbekannte Ausländer plötzlich an der Seite von Nicole Kidman und Tom Cruise drehte. Es war wie ein Sechser im Lotto. Sky du Mont und Kubrick verstanden sich sofort. Sie redeten über Theater und Arthur Schnitzler. Es seien die intensivsten neun Drehtage seines Lebens gewesen, erzählt du Mont. Kubrick habe Sachen zu ihm gesagt, die er nicht für möglich gehalten habe. „Er war ein Genie. Wann lernt man schon mal jemanden kennen, der so überdurchschnittlich ist?“

Kaum jemand weiß, dass Sky du Mont einmal fast der neue James Bond geworden wäre. Als 23-Jähriger hatte er einen Termin bei seiner Agentin in London, da saß plötzlich und unerwartet der Bond-Produzent Cubby Broccoli bei ihr im Büro. Er sagte kein Wort, doch am nächsten Tag schickte er einen Vertrag über 35 Seiten. Darin stand, Sky du Mont würde der nächste James Bond werden. Dafür müsste er Karate lernen, seine Augenbrauen zupfen, und er würde 100 Pfund pro Woche erhalten (damals fast 1000 Euro). „Zwei Tage lang schwebte ich durch London“, sagt du Mont. Der Deal scheiterte dann allerdings daran, dass du Mont noch zu jung war. Die Rolle erhielt schließlich George Lazenby, ein Fotomodell ohne Erfahrung. Man stelle sich nur vor „Im Geheimdienst ihrer Majestät“, „Diamantenfieber“ oder „Leben und sterben lassen“ mit Sky du Mont! „Ich glaube, in dem Alter wäre ich vielleicht unausstehlich geworden, wenn ich die Rolle bekommen hätte“, sagt er.

Manchmal liegt er im Bett und überlegt, was für einen Quatsch er erzählt hat

„Meinem Charakter hat es nicht geschadet, ich habe ja auch so ein bisschen Karriere gemacht.“ Du Mont drehte unter anderem auch mit Gregory Peck und Lawrence Olivier und spielte 59 Folgen lang in der Serie „General Hospital“ mit. Nach zwei Jahren kündigte er den Vertrag, weil er es in den USA nicht mehr aushielt. „Ein unsoziales Land. Schrecklich“, findet du Mont. Wenn ein Präsident, der versuche, eine allgemeine Krankenversicherung einzuführen, als Nazi beschimpft werde, dann sei alles verloren. Der Schauspieler hat sich in der Vergangenheit stark für die FDP eingesetzt, doch jetzt ist er etwas zurückhaltender geworden. Philipp Rösler sei nicht mehr derselbe. „Früher ein toller Politiker, doch vielleicht verändert Macht die Menschen“, sagt du Mont. „Ich weiß es nicht, ich hatte noch nie Macht – wobei, doch, mein Hund hört inzwischen auf mich.“ 67 Jahre alt ist der Schauspieler im Mai geworden. 67? Er kann es selbst kaum glauben. Liegt vielleicht daran, dass er sich am Ehrentag bloß keine Party wünscht. Da ist der Herr du Mont inzwischen ganz Hanseat. Der feiert sich nur ungern selbst. Und ohne Kerzen und Zahlen auf leckeren Torten, wer sollte da im Laufe der Zeit nicht den Überblick übers eigene Alter verlieren? Was er allerdings lange nicht vergessen konnte, war der Altersunterschied zu seiner vierten Frau. 29 Jahre. Wie sollte das funktionieren, fragte er sich? „Ich bin ja nicht blöd. Ich kann rechnen.“ Doch das damals 23-jährige Model Mirja Becker hatte es ihm einfach angetan. Ihr Psychologiestudium war gewiss nicht hinderlich dafür, dem „Warrior“ (so nannte Skys Mutter ihn oft) seine Bedenken zu nehmen. „Eine Meisterleistung! Ich habe mir ständig Sorgen über die Zukunft gemacht, aber meine Frau brachte mir bei, im Jetzt zu leben“, sagt du Mont. Im September feiern die beiden ihren 14. Hochzeitstag. Ihr alltägliches Familienchaos hat Sky du Mont sehr amüsant in „Full House“ beschrieben. Das Buch schaffte es bis in die Spiegel-Bestsellerlisten, was auch an der Ehrlichkeit des Autors liegt. „Kein Mensch, der ein Hirn hat, sollte eine Familie gründen. Aber kein Mensch, der ein Herz hat, sollte darauf verzichten“, findet du Mont. Wenn er mit seinem Sohn spricht, beugt sich der Vater immer herunter, damit der Kleine nicht zu ihm aufsehen muss. Diese rührende Haltung bricht er dann aber gleich wieder mit einem Scherz: „Ich liebe meine Kinder, vor allem wenn sie zwei Wochen bei den Schwiegereltern sind.“

Sky du Monts Humor hat etwas Schelmisches. Menschen, die sich zu wichtig nehmen, findet er unerträglich. „Wenn ich manchmal im Bett liege und mir überlege, was ich wieder für einen Quatsch erzählt habe, da kann man sich doch nicht ernst nehmen.“ Er macht lieber alle Witze über sich selbst, bevor die anderen sie machen. Wie Cary Grant geht Mister du Mont durch die Welt mit einem Augenzwinkern: Twinkle in the eye – by Sky.