Rund 450 Musiker und Sänger machten beim SHMF-Finale das Oratorium zum Ereignis

Kiel. Ein grandioser und bewegender Abschluss des Schleswig-Holstein Musik Festivals mit Felix Mendelssohns „Elias“: Etwa 450 Musikerinnen und Musiker – 250 von ihnen Chorsängerinnen und -sänger – füllten am Sonntagabend Bühne und Tribüne an der Breitseite der Kieler Sparkassen-Arena, 50 mehr als 1846 bei der Uraufführung des Oratoriums in Birmingham. Dirigent Thomas Hengelbrock leitete den Schleswig-Holstein Festival Chor, die Gäste vom City of Birmingham Symphony Orchestra Chorus, das NDR Sinfonieorchester samt dem NDR Jugendsinfonieorchester. Etwa 4000 Zuhörer füllten das Rund der Halle.

Was auf einen flüchtigen Blick wie populistische Gigantomanie wirkt, knüpft an die große egalisierende Tradition der bürgerlichen Singvereine und -Akademien an, die zu Anfang des 19. Jahrhunderts wichtige Sammelplätze für demokratisch-liberale Ideen waren. Und es passt zum opernnahen Konzept des Oratoriums, in dem Volks- und Priestermassen auftreten im Kampf um die Anerkennung des alttestamentarischen Gottes und um das Selbstverständnis seines Propheten.

Das SHMF, 2014 erstmals geführt von Christian Kuhnt, wagte mit dem neuen Festival-Chor-Konzept eine spannende Öffnung zu denen, die sonst nur als Publikum gefragt sind: Rund 500 Sängerinnen und Sänger aus dem ganzen Land wollten mitsingen, mehr als 170 durften sich unter Anleitung von Simon Halsey und Nicolas Fink auf ihre Auftritte vorbereiten.

Michael Volle sang den Part des Elias stimmgewaltig und glaubhaft

Es gab anfangs minimale Probleme gegenseitiger Wahrnehmung im großen Raum, die Hengelbrock rasch löste, danach spielten und sangen alle ausdrucksstark, textverständlich über weite Strecken und glatt zusammen, die Chorstärke bewährte sich in hochdramatischen Momenten: bei der aufwühlenden Szene rund ums Brandopfer, bei der Ankunft des Regens nach langer Dürre oder der Erscheinung Gottes, der sich Elias nicht in Sturmwind, Erdbeben und Feuer zeigt, sondern in einem sanften Säuseln. Oder in den Chören zu Beginn und am Schluss, in denen Mendelssohn romantische, klassische und barocke Tonsprache virtuos verbindet.

Schwieriger hätten nach innen gewendete Chorsätze sein können, die solche Wucht nicht vertragen – doch auch die gelangen in großer Intensität.

Komplettiert wurde das Mendelssohn-Glück durch die erstklassige Solistenbesetzung: allen vorweg Michael Volle, der den Elias zwischen Zorn, Zweifel, Resignation und neuer Glaubensstärke stimmgewaltig glaubhaft machte. Ihm auf Augenhöhe zur Seite standen in unterschiedlichen Rollen engelsgleich und makellos Genia Kühmeyer, Hanna Zumsande und Gerhild Romberger sowie Lothar Odinius als Obadja und als Elias’ Widersacher König Ahab. Den Knaben sang Kyra Engelen, tonsicher und anrührend.

Langer, ergriffener und wohlverdienter Applaus für das fulminant gelungene Experiment. 2015 wird es fortgesetzt.