Das Gustav Mahler Jugendorchester spielt Rihm und Tschaikowsky in der Laeiszhalle – und wie

Hamburg. Claudio Abbado, ein Himmelsbote unter den Dirigenten, ist im Januar gestorben. Doch sein Geist weilt noch unter uns, gleichsam materialisiert in den Ensembles, die er gegründet hat und mit denen er in seinen letzten Jahren nur noch musizierte. Sein ungeschriebenes Motto dabei: je jünger, desto besser. Wie recht er damit hatte, war gerade beim SHMF-Konzert des Gustav Mahler Jugendorchesters in der Laeiszhalle zu erleben.

Werke von Rihm und Tschaikowsky – das klingt zunächst nach einer Kombi von sperrig und eingängig. Weshalb der Große Saal auch nicht ganz so ausverkauft war wie sonst gelegentlich in den sich neigenden Festivalwochen. Doch die Anwesenden würdigten es mit Jubel, dass einem lebenden Komponisten vom Range eines Wolfgang Rihm mit vorgefassten Meinungen nicht beizukommen ist. Mit einer derart beseelten Tonsprache wie der des 2. Klavierkonzerts, just bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt, durfte nur rechnen, wer schon andere Solokonzerte aus Rihms Feder gehört hat. Ihr haftet nichts Epigonales an. Auch wenn sie sich hörbar auf die überkommene Harmonik Bach auf Bartók bezieht, formt Rihm sie stets zu etwas ganz Eigenem.

Bei den wirklich blutjungen Musikern, ihrem Maestro Christoph Eschenbach und dem Solisten Tzimon Barto war dieses zarte, klangsinnliche Stück in berufenen Händen. Selten hat man einen so wenig auf Effekt gebürsteten Klavierpart erlebt, und Barto drängte sich nie in den Vordergrund. Jedem Bogen lauschte er nach und verschmolz die Klangfarben seines Instruments mit denen von Solobläsern und Sologeige.

Für Tschaikowskys Fünfte nach der Pause durfte die gute Hundertschaft alle Zurückhaltung aufgeben. Aber natürlich nicht für immer. Eschenbach wäre nicht Eschenbach, wenn er nicht mit Geist und Leichtigkeit jeden Schweller wieder eingefangen hätte. Die faszinierendsten Momente waren die, in denen sich das Tutti im äußersten Pianissimo zu ducken schien wie ein Raubtier vor dem Sprung. Es glühten die Streicher, es leuchteten die Bläser; über gelegentliche Intonationstrübungen im Satz konnte man leicht hinweghören bei soviel Furor und Gestaltungskunst. Mit dieser agilen, vielgestaltigen Tschaikowsky-Interpretation haben die Musiker ihrem Gründer postum alle Ehre gemacht.