Die Dokumentation „Adel ohne Skrupel“ erhebt schwere Vorwürfe gegen die Welfen

Nein, über seine Familie und deren jüngere Geschichte möchte Ernst August von Hannover, derzeitiges Oberhaupt des Adelshauses der Welfen, nicht mit den Filmemachern Michael Wech und Thomas Schuhbauer sprechen. Sein Sekretariat lässt ausrichten, er stünde für ein Interview nicht zur Verfügung. Im Gegensatz zum jüngeren Bruder. Heinrich von Hannover stellt sich den Fragen der Dokumentarfilmer, die den Geschäften des Großvaters der beiden Prinzen nachgehen.

„Adel ohne Skrupel“ heißt das Ergebnis der sich über drei Jahre ziehenden Recherche. Und es zeichnet ein sehr düsteres Bild des letzten Herzogs von Braunschweig und seiner Familie während des Dritten Reichs – und danach. Die Dokumentation vollzieht detailliert nach, welche wirtschaftliche Rolle das Nazi-Regime, die Arisierungsgesetze und der Zweite Weltkrieg für das Haus der Welfen gespielt haben. Bereits 1933 lässt der damalige Herzog Ernst August eine Rede im „Hannoverschen Anzeiger“ abdrucken, in der er sich zur „wahren Volksgemeinschaft“, zu „Reich und Heimat“ und zum Führer „Kanzler Adolf Hitler“ bekennt. Für seinen Enkel eine Notwendigkeit, der Zeit geschuldet.

Fünf Jahre später beginnen die Zwangsarisierungen jüdischer Firmen. Auch das Bankhaus Aufhäuser muss an Arier verkaufen. Laut Heinrich von Hannover ist die Familie direkt an seinen Großvater herangetreten, hat ihm vorgeschlagen, Teilhaber zu werden. Er ist überzeugt: „Mein Großvater war in der Hinsicht ungeheuer diplomatisch und menschlich.“

Profitierte die Familie vom Verkauf des Evangeliars Heinrichs des Löwen?

Die Recherchen der Historikerin Ulrike Felber im österreichischen Staatsarchiv zeigen, dass der Herzog in Österreich deutlich skrupelloser vorgegangen zu sein scheint. Der Unternehmer Lothar Elbogen soll seine Talkumwerke an die Welfen verkaufen, für – das belegen historische Akten – die Hälfte ihres Werts. Neben bereits bekannten Beteiligungen haben Wech und Schuhbauer auch in der Nachkriegszeit recherchiert. Zum Beispiel, wie das Evangeliar Heinrichs des Löwen für die Rekordsumme von 32,5 Millionen D-Mark als nationales Kulturgut gesichert wurde. Hat die Familie vom Kaufpreis profitiert? Der ehemalige niedersächsische Kultusminister Rolf Wernstedt kommt zu Wort: Ihm sei ein Dokument zugespielt worden, aus dem hervorginge, dass die Adelsfamilie zumindest anteilig im Besitz des Evangeliars war, als es versteigert wurde.

Die Dokumentation endet mit dem Verweis, dass Prinz Ernst August von Hannover angekündigt habe, ein von ihm beauftragter Historiker werde die Geschichte aufarbeiten. Spätestens nach der Ausstrahlung dieser von ECO Media hergestellten Doku wird dieser viel zu tun bekommen.

„Adel ohne Skrupel“, Mo 18.8., 23 Uhr, ARD