Klassentreffen von sieben hochkarätigen Cellisten im Kieler Schloss

Kiel. Mit ihrer „Cellonacht“ im Kieler Schloss hat Sol Gabetta, Artist in Residence beim Schleswig-Holstein Musikfestival (SHMF), nicht gerade Neuland betreten. Anders als, sagen wir, Blockflöten, klingen Celli auch mehrstimmig traumhaft. Deshalb gibt es ja so viele Cellisten-Combos. Aber dieses war gewissermaßen ein Klassentreffen mit Gabettas Lehrer Ivan Monighetti; vier der sechs weiteren, sämtlich hochdekorierten Cellisten des Abends waren ebenfalls dessen Schüler.

Schade, dass sich der zarte Anfang von Alexander Knaifels „Comforter“ gegen dickfelliges Gemurmel behaupten musste. Den attacca-Übergang zu Vivaldis Cello-Doppelkonzert wiederum zerklatschten einige. Sei’s drum. Die Musiker brachten Vivaldis Virtuosität zum Funkeln und ließen im langsamen Satz eine vollkommene Weltentrücktheit entstehen, die sich im Laufe des Abends immer wieder einstellen sollte. Und das, obwohl das Programm – übrigens in stets in wechselnden Besetzungen – ab „Violoncelles, vibrez!“ von Giovanni Sollima (geboren 1962) deutlich Richtung Unterhaltungsmusik abbog. Dabei traten nicht nur die Persönlichkeiten der Musiker heraus, sondern auch die ihrer Instrumente: mal kernig und mal verträumt, die eine mit raffinierten Klangfarben und der andere mit hörbarem Spaß an der Basslinie. Dass Tongebung und Vibrato in den Akkorden nicht immer ganz einheitlich waren, dass Spitzentöne mitunter etwas tief gerieten – wen hätte das stören sollen? Eine Spontanversammlung hervorragender Instrumentalisten ist eben nicht so perfekt aufeinander eingespielt wie die zwölf Cellisten der Berliner Philharmoniker. Dafür sprühte das Ensemble vor Vergnügen, ob man zu Wilhelm Fitzenhagens „Konzertwalzer“ paarweise auftrat, die Damen im Ballkleid, oder sich mit Jacques Offenbach in die Untiefen des amüsierwütigen Paris begab.

Stimmlich charmant, aber in den Hüften nicht restlos brasilianisch locker sang die junge Sopranistin Olena Tokar Heitor Villa-Lobos’ Allzeitschlager „Bachianas brasileiras Nr. 5“. Der Schlagzeuger Ignasi Domènech Ramos hingegen absolvierte den Trommeldrahtseilakt von Ravels berühmtem „Boléro“ in makelloser Coolness. Und zum Schluss entfesselten die Musiker noch Astor Piazzollas „Cuatro estaciones porteñas“. Ein Abend wie Sekt. Und nächstes Mal das Ganze dann bitte mit 17 Blockflöten.