Legendärer Pop-Produzent schreibt auf David Byrnes Homepage

Hamburg. Am selben Tag, an dem auf Facebook das von spanischen Filmschaffenden um den Regisseur Pedro Almodóvar und die Schauspieler Javier Bardem und Penélope Cruz initiierte „Kommuniqué der Kultur gegen den Völkermord an Palästinensern“ veröffentlicht wurde, konnte die Netzgemeinde auch einen gegen die aktuelle Politik Israels gerichteten Beitrag des britischen Künstlers, Musikers und Produzenten Brian Eno (Roxy Music, U2, Coldplay) lesen. Darin spricht er von „ethnischer Säuberung“, die Israel an der palästinensischen Zivilbevölkerung im Gazastreifen betreibe, und äußert sein Unverständnis darüber, dass die US-Regierung Israel finanziell bei diesem „schrecklichen, einseitigen kolonialistischen Krieg“ unterstützt. „Das ist, als wenn man dem Ku-Klux-Klan Geld überweisen würde.“ Ursprungsadressat des Artikels war Enos Freund David Byrne – die beiden hatten 1981 das epochemachende Album „My Life In The Bush Of Ghosts“ veröffentlicht.

Brian Eno hat sich in der Vergangenheit wiederholt gegen die Abneigung seiner Kreise, der vermeintlich „schlauen Leute“, gegenüber der Politik geäußert. Dabei sei es die Politik, die die Ehe unter Homosexuellen und Stammzellenforschung verbiete, aber „Gaza und Guantánamo füttert“. Byrne, der in den vergangenen Jahren ebenfalls mit zahlreichen Essays (nicht nur) über Musik hervorgetreten ist, schreibt auf seiner Website, er habe Enos Beitrag am Freitag per E-Mail erhalten und sich mit seinem Büro besprochen. Alle hätten die „große Verantwortung gespürt, Brians gewichtigen, ehrenwerten Text zu publizieren“. In seinem mit „Gaza And The Loss of Civilization“ („Gaza und der Verlust der Zivilisation“) betitelten Text schildert Eno auch Vorkommnisse, die er kürzlich auf einer Israel-Reise mit eigenen Augen gesehen habe. Dabei geht es um erniedrigende Behandlung der Palästinenser durch israelische Siedler. So schreibt er von Behausungen, in denen sich Palästinenser durch Drahtverhaue und Bretterwände vor dem Bewurf mit Exkrementen und benutzten Hygienebinden seitens mancher Siedler zu schützen suchen.

Offenbar nutzte David Byrne das Wochenende, um Enos Freund Peter Schwartz, einen eigenen Worten zufolge atheistischen Juden und Nachfahren von Holocaust-Überlebenden, um eine Antwort auf Enos emotional geladenen, gleichwohl überlegt formulierten Text zu bitten. Am vergangenen Montag dann postete Byrne beide Texte zeitgleich auf seiner Website.

Schwartz liefert eine ausführliche historische Herleitung des Konflikts, bemüht sich um Aufklärung seines Freundes hinsichtlich der Position der USA und lässt keinen Zweifel daran, dass er trotz eigener Aversion gegen die israelische Politik das Verhalten der arabischen Seite ebenso wenig gutheißt. Was beide Beiträge auszeichnet, ist das hohe Maß an Ehrlichkeit und Differenziertheit. Und David Byrne moderiert beide Texte mit dem salomonischen Hinweis an, moralisch im Recht sei hier keiner. (Wortlaut auf www.davidbyrne.com).