Die Print-Ressortleiter sollen bei Geschäftsführer Ove Saffe heftige Kritik geübt haben.

Hamburg. Dass ein Chefredakteur des „Spiegels“ umstritten ist, nach außen wie in den eigenen Reihen, gehört zur Streitkultur des Hamburger Nachrichtenmagazins. Was sich allerdings augenblicklich hinter den Kulissen des Verlagsgebäudes an der Ericusspitze abspielt, hat eine neue Qualität. Nach übereinstimmenden Berichten der Branchenportale „Horizont“ und „Meedia“ sind die Ressortleiter des gedruckten „Spiegels“ inzwischen dermaßen unzufrieden mit ihrem Chef Wolfgang Büchner, dass sie vor einigen Wochen die Chance der Abwesenheit Büchners nutzten, um bei Geschäftsführer Ove Saffe vorstellig zu werden. Alfred Weinzierl, Susanne Amann und Ullrich Fichtner sollen sich bei Saffe im Namen aller Ressortleiter über Büchner beschwert haben. Man halte eine weitere Zusammenarbeit mit ihm für „kaum mehr möglich“.

Zum einen mag dies ein Nachhall der unpopulären Berufung des ehemaligen „Bild“-Vizes Nikolaus Blome in die „Spiegel“-Chefredaktion sein, die Büchner gegen heftige Widerstände durchsetzte. Zum anderen ist Büchner aber im September mit einer Agenda angetreten, die besonders beim gedruckten „Spiegel“ für Verstimmung sorgen dürfte: Die Digitalisierung des Heftes und die weitere Monetarisierung des Online-Auftrittes gehören zu Büchners Aufgaben. Dafür sollen die beiden bislang relativ streng getrennten Redaktionen enger zusammenarbeiten. Während „Spiegel Online“ von gestiegener Reichweite profitiert, hat das Magazin mit Umsatz- und Leserrückgängen zu kämpfen.

Die Redakteure des „Spiegels“ genießen derweil im Vergleich zu den Online-Kollegen Vorteile: Sie sind (zusammen mit den Verlagsangestellten) Mitglieder der Mitarbeiter KG, als stille Gesellschafter Miteigentümer ihres Magazins und entsprechend an Strategie-Entscheidungen wie am Gewinn direkt beteiligt. Sollte es zu einer Zusammenlegung kommen, könnten sich auch diese Privilegien auf mehr Köpfe verteilen. „Spiegel Online“ steht kurz vor dem 20. Geburtstag, erst kürzlich wurde eine neue Agenda zur weiteren Aufwertung vorgestellt. Büchner gilt zudem bei seinen Kritikern eher als Manager denn als Publizist. Schon bei der Berufung des Boulevard-Manns Blome hieß es, Büchner schade der „Kultur des Hauses“.

Ob am Ende des Streits ein Versiegen des Widerstands, eine gütliche Einigung oder ein erneuter Chefredakteurswechsel steht, ist ungewiss. Einen offiziellen Kommentar von Verlag oder Redaktion zu den Vorgängen gibt es nicht.