Kai Diekmann distanziert sich in der „Bild“-Zeitung von einem Kommentar in der „Bild am Sonntag“.

Hamburg. Artikel fünf des Grundgesetzes gehört zu den wichtigsten Errungenschaften einer modernen Gesellschaft. Er garantiert die Meinungsfreiheit. Doch der Kommentar, den Nicolaus Fest, einer der stellvertretenden Chefredakteure der „Bild am Sonntag“ (BamS), am vergangenen Sonntag schrieb, ging dem Herausgeber der „BamS“ zu weit. Kai Diekmann, gleichzeitig Chefredakteur der „Bild“-Zeitung, verfasste noch am Sonntagabend online eine Antwort auf die Ansichten seines Kollegen zum Islam. Diese erschien zusammen mit einem Gastkommentar des Bundestagsabgeordneten Özcan Mutlu am Montag in der gedruckten „Bild“.

Fest hatte es geschafft, mit nur wenigen Zeilen eine gesamte Religionsgemeinschaft mit mehr als 1,5 Milliarden Angehörigen unter Generalverdacht zu stellen. Unter dem Titel „Islam als Integrationshindernis“ ließ er jegliche Trennschärfe zwischen muslimischen Gläubigen und fanatischen Islamisten vermissen, verknüpfte den Islam pauschal mit kriminellen Jugendlichen, antisemitischen Pogromen, Frauenfeindlichkeit und Homophobie. Fest kam zu dem Schluss, keinen „importierten Rassismus“ zu brauchen und auch sonst nichts, wofür der Islam seiner Ansicht nach stehen würde.

Diekmann verzichtete in seiner Antwort „Keine Pauschalurteile über den Islam!“ darauf, direkt Bezug auf den „BamS“-Kommentar zu nehmen. Stattdessen betonte er, es gäbe weder bei der „Bild“, noch im gesamten Verlag Axel Springer „Raum für pauschalisierende, herabwürdigende Äußerungen gegenüber dem Islam und den Menschen, die an Allah glauben“. Deutlicher wurde der Gastkommentator Mutlu: Der Kommentar sei für ihn „Rassimus pur. Die Hasstiraden des Autors schüren ohne Not Vorurteile, Ängste und Menschenfeindlichkeit“. Die Chefredakteurin der „BamS“, Marion Horn, twitterte am Sonntagabend eine Entschuldigung.

Uneinsichtig zeigte sich Nicolaus Fest. Er bezweifelte auf Twitter die Möglichkeit einer Grenzziehung zwischen Islam und Islamismus und bezeichnete die Reaktionen auf seine Worte als „herrlichen Shitstorm“.

Dass Fest mit seinem Kommentar nicht nur die Grenzen des guten Geschmacks, sondern auch die des vom Deutschen Presserats verfassten Pressekodex durchbrochen hat, scheint für viele Leser eindeutig: Bis Montagnachmittag gingen fast 150 Beschwerden bei der Organisation ein, die als Organ der freiwilligen Selbstkontrolle der deutschen Presse fungiert. Und der nordrhein-westfälische Landtagsabgeordnete Serdar Yüksel (SPD) stellte eigenen Angaben zufolge Strafanzeige wegen Volksverhetzung und forderte personelle Konsequenzen.