Ein Bayreuth-Vorspiel von Joachim Mischke

Wenn es nicht so ernst wäre, wäre es geradezu lustig. Ausgerechnet Frank Castorf, die berüchtigtste Abrissbirne unter den Regie-Altmeistern, beschwert sich im aktuellen „Spiegel“ über schlechte Umgangsformen hinter den Kulissen der Bayreuther Festspiele, die an diesem Freitag beginnen. Im letzten Sommer hatte er dort einen Jubiläums-„Ring“ auf die Bühne geworfen, der radikal war und über weite Strecken meisterhaft gelungen, erst recht musikalisch, dank des Dirigenten Kirill Petrenko. Entsprechend heftig gingen Bewunderer und Ablehner aufeinander los.

Jetzt aber ist Castorf geradezu mimosig beleidigt: Zu wenig Probenzeit fürs Aufwärmen seines Konzepts in der scheinheiligen Wagner-Werkstatt, „nur noch Absicherungsinteressen und Machterhalt“. Man habe einen anderen Alberich engagiert, ohne ihn vorher zu fragen. „Es ist Stadttheater in aller Schönheit entstanden. Furchtbar. Die Stürme haben sich gelegt, die Langweile hat gesiegt.“ Und Castorf hat sich „anwaltlichen Beistand bei Gregor Gysi geholt“.

Tja. Die letzten Jahrzehnte der Bayreuther Clan-Herrschaft müssen in seinem Volksbühnen-Biotop im Osten Berlins irgendwie komplett an Castorf vorbeigegangen sein. Wer sich jetzt noch, als Theaterprofi seines Formats, ernsthaft wundert, dass von den Wagners auf ihrem Erbhof nach Gutsherrinnenart durchregiert wird, hat es fast schon nicht besser verdient. Aber eben nur: fast.