Als Rahmenprogramm für das Musikfestival Dockville zeigt das Artville-Kunstcamp Aktionen zwischen Pop und Kunst

Hamburg. Das Kunstcamp des Dockville in Wilhelmsburg heißt seit diesem Jahr MS Artville. Vor dem großen Festival vom 15. bis 17. August, bei dem Acts wie Jake Bugg, Samy Deluxe, Die Antwoord und Dillon auftreten, wird die Grünfläche am Reiherstieg-Hauptdeich bereits vier Wochen lang mit Aktionen bespielt, die den Grenzgang zwischen Pop und Kunst üben. Zu sehen, zu hören und zu erleben sind 19 Künstler und Kollektive, größtenteils aus Deutschland und Südamerika.

Dorothee Halbrock hat ihre Aufgabe als Kuratorin der Open-Air-Schau 2013 beendet. Dockville-Chef Enno Arndt gestaltet nun federführend das Kunstprogramm aus Installationen, Performances und Musik, das an diesem Sonnabend mit einem Richtfest eröffnet wird.

Artville-Sprecherin Janna Rath gehört seit vergangenem Jahr zum Team. Im Interview an einem schattigen Plätzchen auf dem Dockville-Gelände erzählt die 26-jährige Ethnologin, was Open-Air- von Museumskunst unterscheidet und wie sich Kunst während eines Pop-Festivals vermitteln lässt.

Hamburger Abendblatt:

Was hat sich durch den Wechsel im Kunstteam des Dockville Festivals verändert?

Janna Rath:

Es hat ein neues Kapitel angefangen. Das schlägt sich auch im Namen nieder. Wir sind mit dem MS Artville allein vom Titel her näher an das Dockville herangerückt. Wir möchten so den Verbund von Musik und Kunst noch einmal ganz deutlich betonen. Es gibt nicht mehr, wie bisher, eine Aufteilung in ein internes Kunstcamp, bei dem die Künstler unter sich auf dem Gelände arbeiten, und in einen externen Teil für die Öffentlichkeit. Stattdessen wächst das Artville von Woche zu Woche, was für die Besucher von Wochenende zu Wochenende sichtbar wird.

Es gibt also jedes Wochenende eine Vernissage und der Besucher erlebt mit, wie das Kunstdorf entsteht?

Rath:

Ja, die Wochenenden sind gewissermaßen Sub-Vernissagen. Unsere Artville-Abschlussveranstaltung, das Manifest, ist eigentlich auch die Haupt-Vernissage, weil dann erst die Ausstellung vollständig ist.

Was zeichnet denn Open-Air-Kunst im Vergleich zu Exponaten im weißen Museumsraum aus?

Rath:

Die Kunst soll ja zum großen Festival Mitte August auch noch da sein. Das heißt, sie ist ganz anderen Bedingungen ausgesetzt. Das ist allein von den Genehmigungen her etwas ganz anderes. Wir haben zum Beispiel einen riesigen Raum aus drei Containern, die zusammengeschweißt werden. Im Inneren wird die Gruppe Syc mit Studenten der Bauhaus-Universität Weimar eine Villa im Kolonialstil einrichten. Jakobus Durstewitz wird dazu ein Stadttor bauen. Zudem haben wir sehr viele Streetart-Künstler hier.

Gibt es ein übergeordnetes Motto, zu dem die Künstler und Kollektive arbeiten?

Rath:

Wir haben mit der Planung begonnen, ohne ein generelles Thema zu haben, weil wir gucken wollten, wo uns die Reise hinführt. Aber in den Auswahlgesprächen mit den Künstlern haben wir festgestellt, dass der neue Name, also das Artville selbst, die Kunststadt, das Thema ist. Wir beschäftigen uns mit Urban Art, Kunst im Offspace, dem Verhältnis von Kunst und Stadt. Wo leben wir? Was lieben wir an diesem Ort, was mögen wir nicht, was können wir wie verändern?

Gerade, wenn Mitte August die Open-Air-Bühnen von rund 140 Pop-Acts und DJs bespielt wird, steht die Musik ja durchaus auch in Konkurrenz zur Kunst. Wie wollen Sie die Artville-Anteile während des Dockville Festivals vermitteln?

Rath:

Es gibt wie gehabt Kommunikatoren, die Kunst-Rundgänge über das Gelände anbieten. Zudem wird es weitere so genannte Service-Pakete geben. Dieses Jahr ist an der Kunst-Vermittlung maßgeblich das Performance-Kollektiv Wölfe & Kabel aus Hildesheim beteiligt. Die beschäftigen sich stark mit der aktuellen Diskussion rund um das Thema Vernetzung. Sie verhandeln Fragen wie: Welche Daten geben wir von uns preis? Die Besucher können mithilfe einer eigens entwickelten Software herausfinden, mit welchem der Artville-Künstler sie am meisten Schnittpunkte haben.

Wie bei einem Dating-Portal?

Rath:

Ja. Die Software orientiert sich an den Techniken der Datenverarbeitung und Kontrolle sozialer Netzwerke. Die Besucher des Artvilles und später des Festivals erhalten für die Offenlegung ihrer Daten ein „Super-Special-Match-And-Meet“ mit einem Künstler, um ins persönliche Gespräch zu kommen. Das ist ein Modell, das wir in diesem Jahr ausprobieren. Darauf freuen wir uns riesig.