Die Staatsbibliothek produziert mit Hamburger Firma eine iPad-App mit Zeitungsartikeln.

Hamburg. „Weltbrand!“ stand in großen Buchstaben auf der Titelseite der Morgenausgabe der „Hamburger Nachrichten“ vom 5. August 1914. „Kurz nach 7 Uhr erschien der englische Botschafter Goschen auf dem Auswärtigen Amt, um den Krieg zu erklären und seine Pässe zu fordern“, heißt es über die Ereignisse des Vortags. Nachlesen kann man diesen und zahlreiche weitere Hamburger Zeitungsartikel vom Sommer und Herbst 1914 in der iPad-App, die die Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg gemeinsam mit der Hamburger Firma CCS produziert und kostenlos in den Appstore gestellt hat. Ein Team von Historikern hat dafür 930 Seiten der „Hamburger Nachrichten“ im Zeitraum vom 29. Juni bis zum 31.Dezember 1914 ausgewählt, erleichtert wird die Recherche durch Suchtipps. Zusätzlich gibt es 100 Fotos, die im „Hamburger Fremdenblatt“ erschienen sind, sowie eine Chronik der wichtigsten Ereignisse des Kriegsverlaufs. „Bei der Auswahl ging es uns um politische Ereignisse, aber auch darum, wie sich diese auf das Leben in Hamburg ausgewirkt haben“, sagt Ulrich Hagenah, der als Leiter der Landesbibliothek an dem Projekt beteiligt ist.

Warum die Staatsbibliothek diese Tablet-App produziert hat und welche Kriterien dabei wichtig waren, ist am Mittwoch auf einer Veranstaltung unter dem Titel „Das Making-Of der App Weltbrand 1914“ zu erfahren, die im Vortragsraum stattfindet. Dort können aber auch Fragen über die Benutzung auf dem iPad und auf Android-Tablets gestellt werden. Die App „Weltbrand. Schritt für Schritt in die Katastrophe. Berichte und Bilder aus Hamburger Zeitungen“ ist ein Ertrag aus dem „Europeana-Newspapers“-Projekt, das mit EU-Mitteln die Digitalisierung von Zeitungsbeständen in europäischen Bibliotheken ermöglicht.

1,5 Millionen Hamburger Zeitungsseiten hat die Stabi insgesamt dafür digitalisiert, ein enormer Fundus, der künftig für Wissenschaftler und interessierte Laien zugänglich sein wird. Die „Weltbrand“-App richtet sich dagegen an einen breiten Kreis von historisch interessierten Nutzern, die Tag für Tag als Volltext nachlesen können, wie die „Hamburger Nachrichten“ über den Krieg berichten. Der Duktus der Artikel, das wird schon bei flüchtiger Lektüre klar, ist patriotisch bis nationalistisch. „Erstaunt hat mich die große Rolle der Propaganda, vor allem die Auseinandersetzung mit der ‚feindlichen Propaganda‘, die schon unmittelbar nach Kriegsbeginn einsetzt“, sagt Ulrich Hagenah, der auch erklärt, warum man für die monatlichen Foto-Galerien, die sich auch über die Stabi-Homepage (www.sub.uni-hamburg.de) abrufen lassen, Material einer anderen Zeitung benutzt: „Die ‚Hamburger Nachrichten‘ brachten damals keine Bilder, im Gegensatz zum ‚Hamburger Fremdenblatt‘, das seit 1911 eine tägliche Tiefdruckbeilage unter dem Titel ‚Illustrierte Rundschau‘ veröffentlichte.“ Am 8. Juli 1914 ist dort etwa ein großformatiges Kinderfoto zu sehen. Überschrift: „Die drei Kinder des ermordeten Thronfolgers und seiner Gemahlin“.

Interessant sind auch die Anzeigen der damals sechs bis zwölf Seiten umfassenden Zeitungsausgaben. So findet man eine Annonce des Operetten-Theaters am Spielbudenplatz, das für den 24.Oktober ein „zeitgemäßes Kriegs- und Ausstattungsstück in vier Akten und sechs Bildern“ unter dem Titel „Weltbrand“ ankündigt.

Die kostenlose App „Weltbrand 1914“ ist zurzeit nur für das iPad verfügbar, noch im Juli soll es auch eine Android-Version geben. Die Veranstaltung „Das Making-Of der App Weltbrand 1914“ beginnt am 9. Juli um 18.00 Uhr im Vortragsraum der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg (Von-Melle-Park 3)