Das Stück „Der Vorname“ aus Münster begeistert bei den Privattheatertagen

Hamburg. Verstehen sich unsere westlichen Nachbarn noch immer am besten darauf, konfliktträchtige Stoffe leicht zu servieren? „Der Vorname“ stand dem Kinoerfolg „Ziemlich beste Freunde“ in Frankreichs Filmtheatern kaum nach. Dabei handelt es sich primär um ein Theaterstück, das Matthieu Delaporte und Alexandre de La Patellière 2010 zunächst für eine Pariser Bühne geschrieben hatten.

Allein im deutschsprachigen Raum wird „Der Vorname“ derzeit in 30 Theatern inszeniert. Welche Reize und Abgründe die Salonkomödie in sich birgt, zeigte sich erneut bei den Privattheatertagen, bei denen das Ensemble des Wolfgang-Borchert-Theaters aus Münster (Regie: Kathrin Sievers) vom Publikum in Altona gefeiert wurde.

Gang für Gang gleiten die Konflikte beim Büfett mehr ins Persönliche ab

Die alltägliche Situation: Literaturprofessor Pierre (Jürgen Lorenzen) und Gattin Elisabeth (Sabrina vor der Sielhorst) haben ihren Bruder Vincent (Sven Heiß) und dessen schwangere Frau Anna (Mara S. P. Stroot) zum Essen eingeladen – modern bei marokkanischem Büfett. Dazu noch Hausfreund Claude (Florian Bender), einen Posaunisten. Als Vincent mit dem Namen des ungeborenen Sohnes – er soll Adolphe heißen – ein Spielchen treibt, entzündet sich nicht nur daran ein Streit. Gang für Gang, Falafel für Falafel, schaukeln sich die Konflikte mit Rotweinglas in der Hand hoch und gleiten mehr und mehr ins Persönliche ab. Da unterstellt Pierre seinem Schwager: „Du bist Egoismus pur!“, während Vincent ihn als „Geizkragen“ beschimpft. Schlau- und Graukopf Pierre, von Lorenzen trefflich mal blasiert, dann blamiert verkörpert, muss sich für die Namenswahl seiner Kinder verteidigen: Adonas und Athena? „Originell ist besser als anormal!“

Sabrina vor der Sielhorst heimst als umsorgende, gestresste, aber den spießigen Männern letztlich überlegene Gastgeberin mehr als nur Sympathiebeifall ein. Dialoge und Pointen zünden. Als sich der unscheinbare Claude aber als langjähriger Lover von Elisabeths und Vincents Mutter outet, zählen bei der Schlacht am Familienbüfett nur noch handfeste Argumente. Weil „Der Vorname“, Ende 2012 im Schauspielhaus in deutscher Erstaufführung herausgekommen, diesmal auf weißer und schiefer Ebene spielt, wirken das Chaos und die Doppelbödigkeit hier besonders gelungen. Preisverdächtig.

Privattheatertage b. 29.6., Karten-T. 30 30 98 98