Hamburg. Manche Darsteller können sich im Theater einen Wolf spielen, das Publikum nimmt es lediglich wohlwollend zur Kenntnis, kaum aber liegt eine Puppe aufgebahrt auf der Bühne, reißt sie Besucher zu Begeisterungsstürmen hin. Vielleicht sind frühe Kindheitserlebnisse, verschüttete Erinnerungen an das erste Kasperletheater, die Ursache, aber tatsächlich ist es sehr berührend, was das Theater des Lachens aus Frankfurt/Oder mit ganz einfachen Mitteln aus der Geschichte des „Don Quijote“ gezaubert hat. Regisseur Frank Soehnle nennt es „Ein Traumspiel nach Telemann“. Jetzt gastierte es bei den Privattheatertagen in den Kammerspielen.

Das Streichquartett „Con Mot(t)o“ des Brandenburgischen Staatsorchesters spielt live hinter weißen Vorhängen. Natürlich Telemanns „Don Quichotte Suite“. Im Bühnenvordergrund geben die Vorhänge die Sicht frei auf die ruhende Figur des spanischen Büchernarren Alonso Quixano, der zum Ritter Don Quijote de la Mancha wird und sich auf seinem dürren Gaul Rosinante aufmacht, die Welt vom Bösen zu erlösen. Ein ehrgeiziges Unterfangen für dieses dürre Männlein, langfingrig, mit spärlichem weißen Haarwuchs.

Irene Winter trägt einige wenige Schlüsselsätze aus dem Buch von Miguel de Cervantes vor, meist überlässt sie den lautmalerischen Streichern das Feld. Björn Langhans und Arkadius Prada beleben die Puppe mit sparsamen, genau platzierten Gesten. Noch im Schlaf wird Don Quijote heimgesucht von seiner Herzensdame Dulcinea, ein Kopf mit klimpernden Wimpern und einem Betttuch. Am Ende, nach all den Abenteuern, den bekämpften Windmühlen und geschlagenen Schlachten, gelebten Lieben und der Freundschaft zum liebenswerten, mit Maske und Topfhelm, verkleideten Sancho Panza, schaut der Tod vorbei. Und verbreitet, als koboldhaftes Betttuchgespenst, kaum mehr Schrecken. Ein hinreißender Abend über die so real scheinenden Welten der Literatur – und den Charme des Puppentheaters.