Neulich sah ich mir das „Hamburg Journal“ an, und die „Top-Meldung“ zu Beginn ging in etwa so: Helene Fischer soll aus Wiesbaden nach Hamburg ziehen wollen. DIE HELENE FISCHER! NACH HAMBURG! Die Angela Merkel des frisch geduschten Wohlfühlschlagers! In etwas Superteures in der HafenCity angeblich. Also in die Gegend, in der vielleicht auch mal jenes Kreuzfahrtschiff anlegt, für dessen Taufe man sie engagiert hatte? Ja, Wahnsinn! Dieser Zufall! Eine Grußbotschaft von Olaf Scholz an die nächste Stadtheilige war nicht beim NDR eingetroffen, also fragte man irgendwen auf der Straße, wie spitze er diese Spitzenmeldung findet. Die Antworten waren entsprechend. Aber egal: „Top-Meldung“. In einer Millionenstadt und vom NDR, nicht bei VOX, RTL2 oder anderen Nachrichten-Imitaten, für die Praktikanten die lustigsten Meldungen ihrer Facebook-Seite verfilmen müssen.

Nachdem dieses Erlebnis verheilt war, folgte am Sonntag ein weiterer tapferer Selbstversuch: „Lindenstraße“, Folge 1485. Nach jahrelanger Abstinenz, damals abgewöhnt wegen fade. Nach etwas Erstaunen über den neuen Was-zuletzt-los-war-Vorspann folgte die gute alte Titelmusik und schon war wieder 2002. Allerdings mit Gesichtern, die in der Erinnerung Jahrzehnte jünger waren. Klausi Beimer heißt jetzt Klaus, trägt seine Hemden mit so viel Würde wie Jürgen von der Lippe, dazu auf dem Kopf eine Fleischmütze. Auch Ex-Flip Philipp Sperling hatte das Alter frisurentechnisch übel zugesetzt, und wie in einem Nebensatz herauskam, hat ihn seine Frau verdroschen. Der Arme.

Es gab aber auch Dinge, die sich nicht geändert hatten. Doktor Dressler rollte mit seinem Rollstuhl in eine Küche und raunte knittergesichtig Benimmregeln. Schlimme-Frisur-Träger vom Dienst ist der Akropolis-Grieche Vasily Sarikakis. Mutter Beimer ist immer noch am Küchentisch festgewachsen, auch der Seufzer-Klassiker „Helga! Ist gut ...!“ fehlte nicht. Ich war wieder zu Hause, dachte ich da gerührt. Doch dann wurde mir enthüllt, dass Ex-Klausi von einer Frau vergewaltigt worden war, die ihn mit einem Elektroschocker bedroht hatte. Und in meinem Kopf sang Helene Fischer „Atemlos, einfach raus“.

An dieser Stelle schreiben Joachim Mischke und Alexander Josefowicz im wöchentlichen Wechsel über die Welt des Fernsehens