„Made In Japan“ von Deep Purple gibt’s jetzt in traumhaften Luxus-Editionen. Und „In Concert ’72“ lohnt sich auch

Kann es von etwas Gutem, etwas wirklich Außergewöhnlichem und – so sagen viele – etwas bis heute Unerreichtem zu viel geben? Oder ist mehr in diesem Fall einfach (noch) besser? Diese Frage stellt sich beim Anblick der beiden Deluxe Box Sets von Deep Purples „Made In Japan“, der „Mutter aller Live-Alben“ wie das Fachmagazin „Rock Hard“ einst so richtig schrieb. Vier CDs, eine DVD, eine Vinyl-Single, ein 60-seitiges Hardcover-Buch und Download-Optionen bietet die eine, neun 180-Gramm-LPs plus Buch und Downloads die andere. Zum Preis von ca. 100 bzw. 135 Euro.

Braucht eines dieser Sets, wer noch die herrlich zerkratzte Doppel-LP besitzt, die auf Klassenfeten rauf und runter lief, die entweder vom Taschengeld abgespart wurde oder irgendwann unterm Tannenbaum lag? Muss ein Luxus-Update auch dann sein, wenn schon die CD-Jubiläumsedition von 1998 im Regal steht? Einfache Antwort: ja. Denn diese Box-Sets bieten zwar keine Songs, von denen Purple-Enthusiasten noch nie gehört hätten, aber sie vereinen alles verfügbare Material aus diesen Sternstunden der Rockgeschichte. Also die drei vom 15. bis 17. August 1972 in Osaka und Tokio mitgeschnittenen Konzerte inklusive aller Zugaben.

Dass „Made In Japan“ einmal diesen Legenden-Status erreichen könnte, daran hatten Ian Gillan, Ritchie Blackmore, Roger Glover, Jon Lord und Ian Paice nicht gedacht, als sie den Veröffentlichungsplänen ihrer japanischen Plattenfirma nur widerwillig zustimmten. Schließlich kam das Doppelalbum dann weltweit heraus, wurde binnen zwei Wochen platinveredelt und ist bis heute ein Verkaufsschlager – bei ursprünglichen Produktionskosten von nur 3000 US-Dollar.

Langjährige Fans, die mit dem Vinyl-Original, können abermals den Soundvergleich anstellen und dürften begeistert sein: So voll und rund wie in dieser neu gemasterten Version klangen „Smoke On The Water“, „Highway Star“, „Child In Time“ oder „Strange Kind Of Woman“ noch nie. Nur das süße Erinnerungen weckende Knistern und Knacken fehlt; es lässt sich verschmerzen. Und sollten dreistellige Euro-Beträge trotzdem zu viel sein, dann gibt’s ja auch noch die kostengünstige Ein- bzw. Zwei-CD-Variante. Vom Guten eigentlich zu wenig, aber besser als nichts.

Noch mehr Lust auf den klassischen Deep-Purple-Sound, der sogenannten Mark-II-Besetzung? Die ist ebenfalls zu hören beim Mitschnitt eines Auftritts vom 9. März 1972 in London. Damals trat Deep Purple für die BBC-Radiosendung „Sounds of The Seventies“ auf und spielte vor allem Songs des zum damaligen Zeitpunkt noch gar nicht veröffentlichten Albums „Machine Head“. Besonders hübsch auf „In Concert ’72“: die Zwischenansagen von Moderator Mike Harding, der viele der gespielten Nummern nicht kannte und etwa mutmaßte, bei „Lazy“ müsse es sich wegen des Titels wohl um eine besonders langsame Nummer handeln. Was sich schnell als Irrtum herausstellte. Toll jedenfalls, die Band, die ja bis heute in der Lage ist, riesige Hallen zu füllen, in einem solch intimen Rahmen zu erleben. Die vorliegende CD punktet im Vergleich zu früheren Versionen mit der erstmals korrekten Songabfolge und einem zwölfseitigen Booklet inklusive historischer Fotos.

Dass die vom musikalischen Gehalt her „Made In Japan“ nahezu ebenbürtigen Aufnahmen überhaupt vorliegen, ist einer glücklichen Fügung geschuldet. Eigentlich wurden bei der BBC die Bänder überspielt und mehrfach benutzt. Aber irgendwer muss den musikhistorischen Wert dieses Mitschnitts erkannt haben, der sowohl die „Smoke On The Water“-Premiere enthält wie auch die vermutlich einzigen archivierten Live-Versionen von „Never Before“ und „Maybe I’m A Leo“. Welch ein Glück!

Deep Purple. „Made In Japan“ (Universal) und „In Concerrt ’72“ (Warner)