Bremen. Die Bibliotheken in Deutschland und Europa setzen sich in einem „Bremer Appell“ für eine ermäßigte Besteuerung elektronischer Medien ein. „Bisher werden auf gedruckte Bücher und Zeitschriften sieben Prozent, auf elektronische Medien hingegen 19 Prozent Umsatzsteuer fällig“, kritisierte am Dienstag der Vorsitzende des Verbands Deutscher Bibliothekare, Klaus-Rainer Brintzinger. Diese Differenzierung sei nicht einleuchtend und führe bei Bibliotheken zu höheren Ausgaben, sagte er zu Beginn des 103. Bibliothekartages. Zu dem viertägigen Kongress sind mehr als 4000 Experten aus ganz Europa nach Bremen gekommen.

Besonders in der Wissenschaft werde fast nur noch elektronisch publiziert, sagte Brintzinger. Der Beschluss der Großen Koalition, den ermäßigten Umsatzsteuersatz auch auf Hörbücher auszudehnen, genüge nicht: „Das muss für alle elektronischen Zeitschriften, Datenbanken und elektronischen Bücher gelten.“ Um dies zu erreichen, müsse auch die EU-Umsatzsteuerrichtlinie verändert werden. Brintzinger forderte die Bundesregierung dazu auf, sich dafür „mit mehr europapolitischem Mut“ einzusetzen. Auch wenn Verlage elektronische Zeitschriften wegen der geringeren Produktionskosten mitunter zu niedrigeren Nettopreisen anböten, verschlucke die Steuer diesen Preisvorteil vollkommen.

Die wissenschaftlichen Bibliotheken in Deutschland geben nach seinen Angaben inzwischen rund 40 Prozent ihrer Budgets für elektronische Produkte aus und beziehen mehr als 3,8 Millionen elektronische Zeitschriften-Abos: „Die bisherige Umsatzsteuerregelung ist extrem wissenschaftsfeindlich und gefährdet den technischen Fortschritt.“ Es sei auch widersinnig, dass der Staat mit der höheren Mehrwertsteuer Bibliotheken belaste, für deren Finanzierung er selbst aufkommen müsse. Die Änderung der Umsatzsteuerregelung hingegen „kostet keinen Cent und ist die günstigste vorstellbare Form der Wissenschaftsförderung“.