Mit dem Album „Seven“ gelang Lisa Stansfield dieses Jahr ein tolles Comeback. Am Sonnabend singt sie im CCH

CCH 2. Der Soul an sich ist eigentlich eine lässige Angelegenheit. Tolle Melodien, satter Groove, viel Gefühl. Aber manchmal macht es der Soul seinen Künstlern nicht leicht. Die großartige US-Sängerin Sharon Jones zum Beispiel musste sich jahrzehntelang als Gefängniswärterin und Geldtransport-Überwacherin verdingen, und als sie mit über 50 doch mit ihrer Musik durchstartete, holte sie fast der Krebs. Aber sie ist stärker, am 16. Mai spielt sie mit ihren Dap-Kings in der Freiheit.

Das Auf und Ab kennt auch Lisa Stansfield, die an diesem Sonnabend im Hamburger CCH gastierende britische „Queen of White Soul“, viel zu gut. Zehn Jahre sind zwischen den Alben „The Moment“ (2004) und „Seven“ (2014) vergangen, acht Jahre war sie nicht mehr auf Deutschland-Tournee. In dieser Zeit, als in ihrer Heimat der Soul-Pop Marke Amy Winehouse, Adele oder Duffy das ganz große Ding wurde, konzentrierte sich Stansfield auf die Schauspielerei. Schon 1994 war ihr eine Rolle im Kassenschlager „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“ angeboten worden, aber sie lehnte ab. Das Verpasste holte sie 1999 mit der Musikkomödie „Swing“ nach, wobei Lisa Stansfields Soundtrack bessere Kritiken bekam als der Film. Seitdem spielte sie unter anderem im Drama „The Edge of Love“ (2008) und in den Serien „Agatha Christie’s Marple“ und „Goldplated“.

Aber der Pop hat sie vermisst. Und ihre Stimme, die sich wie die von Shirley Bassey in glamouröse Galahöhen schraubt, aber auch rauchzart in den Keller zwischen Nachtclub-Rundtischgruppen hinabsteigen kann. Das hat sich die 1966 in Manchester geborene Engländerin schon früh von Diana Ross abgeschaut, jener Motown-Diva, die ihre Mutter rauf und runter hörte. 1980 stellte sich der Backfisch Lisa auf Nachtclub-Bühnen bei Talentwettbewerben, sang schon ein Jahr später mit 15 ihre erste Single „Your Alibis“ ein und gründete mit den Schulfreunden Ian Devaney und Andy Morris die Band Blue Zone. Die wurde mit dem Debütalbum „Big Thing“ 1988 tatsächlich als das nächste große Ding gehandelt.

Aber Stansfield etablierte sich mit ihrer ersten Soloplatte „Affection“ 1989 aus dem Stand als Solokünstlerin. Wobei Morris und Devaney bis heute ihr Kreativteam bilden, Devaney sogar als ihr Ehemann. Soul, Dancepop, House und R&B prallten als „New Jack Swing“ auf „Affection“ aufeinander, perfekt kombiniert in Songs wie „This Is The Right Time“ und besonders „All Around The World“. Letzterer wurde seinem Namen gerecht. Ein Welthit. Nie war sie in den Folgejahren erfolgreicher, und wenn der Hit zur Bürde wird, vergeht einem doch die Lust. „Ich habe damals alles aufgegeben und wäre fast eine verdammte Landwirtin geworden, wäre zehn Jahre lang in Kopftuch und Gummistiefeln herumgelaufen, nur um mein Selbstbewusstsein wiederzuerlangen“, erinnerte sich Lisa Stansfield später im „Daily Mirror“. Gut, dass sie nicht aufgegeben hat.

Ihr Comeback-Album „Seven“ zeigte sie im vergangenen Januar mit all ihren Markenzeichen und Stärken. Es ist sowohl retro als auch modern und spinnt den Faden von den 80ern in die Gegenwart – begleitet von Topmusikern wie John Robinson und Jerry Hey, die schon Michael Jackson für „Off The Wall“, „Thriller“ und „Bad“ verpflichtete. Das Song-Motto „Can’t Dance“ gilt jedenfalls nicht, wenn Lisa Stansfield an diesem Sonnabend im CCH und in zwei Wochen beim Baltic Soul Weekender in Bispingen auftritt. Ihre treuen Fans haben schließlich lange genug die Füße still gehalten.

Lisa Stansfield Sa 10.5., 20.00, CCH Saal2 (S Dammtor), Tiergartenstraße 2, Restkarten ab 44,- an der Abendkasse; www.lisa-stansfield.com

Baltic Soul Weekender #8 Fr 23.5. bis So 25.5., Center Parcs Bispinger Heide, Tagestickets ab 61,14 im Vorverkauf; www.baltic-soul.de