Ein Kommentar von Matthias Gretzschel

Der Mitarbeiter vom Hamburger Kampfmittelräumdienst, der im April 1993 in Wilhelmsburg im Einsatz war, hatte ziemlich viel Glück. Nicht nur, weil er damals einen spektakulären Silberschatz entdeckte, sondern auch weil ihn die Gesetzeslage auf ungeahnte Weise begünstigte: Nach geltendem Recht standen dem Finder und dem Grundstückseigentümer jeweils die Hälfte eines herrenlosen Schatzes zu. So konnte er damals mit bestem Gewissen 20.000 Mark einstreichen. Dass der Kampfmittel-Experte den Fund in Ausübung seines Dienstes gemacht hatte, spielte keine Rolle. Schließlich war es nicht seine Aufgabe, alte Münzen, sondern Weltkriegsbomben aufzuspüren.

Heute würde der Finder allerdings leer ausgehen, denn von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet hat die Hansestadt die Rechtslage verändert: Bei der Novellierung des Denkmalschutzgesetzes wurde 2013 auch das sogenannte „große Schatzregal“ eingeführt. Während der Staat Schatzfunde früher dem Finder und Grundstücksbesitzer, wie in Wilhelmsburg geschehen, abkaufen musste, kann er sich das nun sparen. Denn jetzt gehen Funde, die ihren ursprünglichen Eigentümern nicht mehr zugeordnet werden können, automatisch in das Eigentum des Staates über. Finder wird das ärgern, Bodendenkmalpfleger finden es aber richtig – und die Museen profitieren von dieser Regelung, die inzwischen in den meisten Bundesländern gilt.