Der Hamburger Rapper Flo Bauer präsentiert heute im Nochtspeicher auf St. Pauli sein nachdenkliches Album „Leise Töne“

Hamburg. „Es sind die leisen Töne / die diese Welt bewegen“. Der Vers, mit dem der Hamburger Rapper Flo Bauer sein neues Album eröffnet, wirkt wie ein utopischer Wunsch angesichts einer Welt, in der die Menschen schwer zur Ruhe kommen. Und da der 31-Jährige das Leben in all seiner Komplexität verhandeln möchte, bricht er die vertonte Sehnsucht nach dem Sanften, Sensiblen im titelgebenden Song „Leise Töne“ mit einem Schrei, mit schnellem Sprechgesang. Bauers Sprache ist direkt. Wortakrobatik, wie sie im Hip-Hop der 90er-Jahre angesagt waren, hat er gegen einen reduzierten, nahbaren Ausdruck eingetauscht.

„Am Anfang der Produktion dachte ich, ich muss nach wie vor krasse Reime machen. Aber das hat mir das Gefühl zerschossen“, sagt Bauer und fährt sich übers raspelkurze Haar. In Schanzennähe hat er sich ein Studio eingerichtet. Umringt von Keyboards, Computern, Mikros und Gitarren hockt er auf einem Drehstuhl. Als wolle er alle Optionen ständig 360 Grad im Blick haben. Wer Bauers 14 Songs hört, die er am heutigen Freitag auf St. Pauli präsentiert, der erfährt viel über die Konflikte, die in dem Musiker arbeiten. Seine Lieder erzählen von der Suche, wie sich in unserer Zivilisation aufrichtig leben lässt. Ein Sujet, das im Pop derzeit gern aufgegriffen wird. Tim Bendzko mit der Mailchecker-Hymne „Nur noch kurz die Welt retten“, Marcus Wiebusch zuletzt mit der Aussteiger-Ode „Off“.

In „On / Off“ verhandelt Bauer die Wechselwirkung zwischen Realität und Digitalem. „Ich bin ein Online-Freak. Es ist super, sich im Internet zeigen zu können. Aber ich merke auch, wie das meinen Tag wegfrisst. Ständig schaue ich auf Monitore“, erzählt Bauer. Ganz bewusst versucht er, Oasen zu schaffen. Doch er gesteht: „Es ist schwierig, den perfekten Weg zu finden.“ Vom Erwartungsdruck erzählt Flo Bauer in „Funktionieren wie Maschinen“, das den Hörer durch verzerrte Stimme und flirrende Keyboards in ein Computerspiel zu versetzen scheint. Sein nachdenkliches Album ist Beleg dafür, wie sich das Rap-Genre ausdifferenziert. „Die Hip-Hop-Szene schottet sich weniger ab als früher“, sagt Bauer. Casper etwa klingt derzeit eher nach Folk. Jan Delay spielt mit dem Rock. Bauer wiederum hat keine Scheu davor, in seinen Stücken mit Saxofon-Soli voll auf Emotion zu setzen.

Früher, da nannte er sich Bo Flower. Ein Name, aus dem er sich herausgewachsen fühlte. Zu sehr habe das nach Flowerpower, nach Spaßkultur geklungen. „Ich bin erwachsen geworden. Ich lebe von meiner Musik“, sagt der gebürtige Karlsruher, der vor zehn Jahren nach Hamburg kam und am SAE Institut im Feldstraßenbunker Tontechnik studierte. Wenn er nicht an eigenen Projekten feilt, arbeitet er im Tao Music Studio in Fuhlsbüttel als Produzent.

Ein Titel wie „Wenn uns der Wind“ erzählt „vom großen Glück, als eigenständiger Künstler arbeiten zu können“. Und eigenständig bedeutet bei ihm, alles selbst zu machen: Beats, Texte, Produktion, Videos, Fotos. Die Bilder von ihm sind „Ungeschminkt“, wie auch ein Song heißt, der für weniger Maskerade plädiert. Das heißt: kein Photoshop-Gloss, keine retouchierte Haut. Eine Entscheidung für den Menschen.

Der persönliche Austausch ist Bauer wichtig. So auch als Botschafter zum Thema Organspende. Engagiert von der Techniker Krankenkasse sprach er mit zahlreichen Politikern und Betroffenen. Etwa mit Schlagerstar Roland Kaiser, der eine neue Lunge erhielt. Dessen Erlebnisse besingt er in „Von Mensch zu Mensch – die Reise“. „Also kommt schon / lasst uns drüber reden“, fordert der Rapper. Gerne auch in leisen Tönen.

Flo Bauer Fr 25.4., Einlass: 20.00, Beginn: 21.00, Nochtspeicher (USt.Pauli), Bernhard-Nocht-Str.69a, Eintritt: 9,-; www.boflower.de