Wally Pfisters Science-Fiction-Thriller „Transcendence“ scheitert am eigenen Anspruch

Johnny Depp müsste eigentlich langsam nervös werden. Sein Aufstieg verlief kometenhaft: das ungeliebte Teenie-Idol-Image (ab 1987 „21 Jump Street“) hatte er rechtzeitig zerschlagen, um fortan mit den richtigen Leuten zusammenzuarbeiten. Allen voran Tim Burton. Sein „Edward mit den Scherenhänden“ war der Durchbruch als ernst zu nehmender Schauspieler. Viele Jahre und gute Rollen später dann der „Fluch der Karibik“-Wahnsinn. Seine Eigenkreation des Captain Jack Sparrow entsprach eins zu eins seiner Figuren-Konzeption, die nach eigener Aussage aus einem Drittel Method-Acting, einem Drittel Wesenszüge real existierender Personen und einem Drittel eigens ergänzter Marotten bestand.

Doch mit seinem letzten Film „Lone Ranger“ erlitt Depp totalen Schiffbruch. Das 250 Millionen Dollar teure Western-Abenteuer unter der Regie von Gore Verbinski („Fluch der Karibik“) geriet zum Riesenflop an den Kassen, und obendrein wurde Hauptdarsteller und Zugpferd Johnny Depp 2014 für die Goldene Himbeere als Schlechtester Schauspieler nominiert.

Auch an einem der höchst bezahlten Hollywood-Schauspieler geht ein Mega-Flop nur dann spurlos vorbei, wenn er danach entweder künstlerisch oder kommerziell punkten kann. Mit dem Science-Fiction-Thriller „Transcendence“ allerdings steuert Depp auf das nächste Debakel zu. Als wohlgesinnter Fan könnte man glauben, er sei unterfordert in der Rolle des Wissenschaftlers Dr. Will Caster, nüchtern betrachtet spielt Depp schlichtweg grottenschlecht.

Ein gravierendes Manko, da Johnny Depp nahezu jede Szene in Wally Pfisters Regiedebüt dominiert. Hinzu kommen schwerwiegende dramaturgische Schwächen, die „Transcendence“ kläglich scheitern lassen. Dabei ist die Idee überaus faszinierend, denn der Film verhandelt große Fragen der Zukunft, ethisch, philosophisch und technologisch. Im Mittelpunkt steht die Erschaffung einer sich selbst bewussten künstlichen Intelligenz.

Der Forscher Dr. Will Caster (Depp), seine Ehefrau Evelyn (Rebecca Hall) und ihr gemeinsamer Freund und Partner Max Waters (Paul Bettany) stehen kurz vor dem Durchbruch eines völlig neuartigen Computersystems, das in der Lage ist, zu fühlen und zu reflektieren. Bei einer Sponsoren-Präsentation wird von technikfeindlichen Extremisten ein Attentat auf Caster verübt. Die einzige Möglichkeit ihn vor dem sicheren Tod zu retten, besteht darin, sein Bewusstsein in den Supercomputer hochzuladen. Evelyn und Max Waters führen das Experiment heimlich auf einem verlassenen Fabrikgelände durch. Es gelingt, Will stirbt und verschmilzt mit der Maschine. Doch der neue Will – fortan nur noch Stimme und computergeneriertes Monitorbild – entwickelt einen unstillbaren Drang nach Expansion. Mithilfe von im Internet geklauten Millionen und seiner Frau Evelyn baut Maschinen-Will in der Wüste ein gigantisches High-Tech-Hauptquartier. Welch glücklicher Zufall, dass das FBI erst zwei Jahre später Wind von der Sache bekommt.

Unfassbar, was für eine hanebüchene Story voller eklatanter Logiklöcher Pfister, bislang Kameramann von Christopher Nolan, und sein Drehbuchautor Jack Paglan hier abliefern. „Transcendence“ hätte das Potenzial zu einem klugen Science-Fiction-Drama, was übrig bleibt, sind ein paar schöne Bilder – und ein uninspirierter Johnny Depp.

++--- „Transcendence“ USA 2014, 120 Min., ab 12 J., R: Wally Pfister, D: J. Depp, M. Freeman, täglich im Cinemaxx Dammtor, Cinemaxx Harburg, Savoy (OF) u. in den UCI-Kinos; www.transcendence-derfilm.de