„Kommissar Dupin – Bretonische Verhältnisse“ ist ein spannend erzählter Krimi, welcher der ARD eine neue Erfolgsreihe bescheren könnte

Mit der bretonischen Sturköpfigkeit hat Kommissar Dupin (Pasquale Aleardi) seine Probleme. Außerdem verabscheut er Fisch und jede Art von Krustentieren, an der Küste der Bretagne eine Delikatesse. Er glaubt, er habe eine Fischallergie, aber es ist wohl mehr sein Pariser Herz, das ihn zum Würgen bringt. Dupin ist nicht freiwillig in Concarneau, einer Kleinstadt in der Südbretagne, er wurde strafversetzt. Seine Kollegen Kadeg (Jan Georg Schütte) und Riwal (Ludwig Blochberger) spekulieren über den Grund, bringen aber nichts in Erfahrung. Genauso wenig wie über den Inhalt von Dupins Notizbuch, in das er unaufhörlich Gedanken und Ermittlungsergebnisse kritzelt. Und er hat eine Menge Notizen zu machen, denn in dem idyllischen Künstlerdorf Pont-Aven ist ein 91 Jahre alter Restaurantbesitzer und Kunstmäzen erstochen worden. Dupin und seine Kollegen tappen im Dunklen. Wer hätte ein Motiv, den alten Mann zu ermorden? Bei seinen Recherchen erfährt Dupin den Grund. Es geht um ein unbekanntes Gemälde von Paul Gauguin, Auktionswert: etwa 30 Millionen Euro. Eine Reihe von Personen in Pont-Aven wäre gern im Besitz des Gemäldes „Die Vision nach der Predigt“.

Der von Matthias Tiefenbacher in Szene gesetzte Krimi basiert auf „Bretonische Verhältnisse“ von Jean-Luc Bannalec. Allerdings soll hinter dem Roman kein in Brest geborener Halb-Bretone stecken, sondern Jörg Bong, Geschäftsführer des S. Fischer Verlags. Ob Bannalec oder Bong, der Autor geizt nicht mit Anspielungen: Bannalec ist der Name eines Ortes in der Nähe von Pont-Aven, Dupin ist eine literarische Figur von Edgar Allan Poe aus dessen Erzählung „Doppelmord in der Rue Morgue“. Als der erste Fall vor zwei Jahren erschien, wurde der Krimi zu einem Bestseller und die Bretagne erlebte einen neuerlichen Reiseboom durch deutsche Touristen, die genau wissen wollten, was es mit dem Künstlerdorf auf sich hat. „In diesem Haus wurde die moderne Kunst erfunden“, darf Francine Lajoux, eine langjährige Freundin des ermordeten Pierre-Louis Pennec im Film sagen. Tatsächlich hat eine Künstlergruppe um Gauguin und Émile Bernard von 1886 an den Impressionismus in Pont-Aven weiterentwickelt.

Ein literarischer Erfolg wie der von „Bretonische Verhältnisse“ schreit geradezu nach einer Verfilmung. Ein gutes Händchen haben Produzenten und Regisseur bei der Wahl ihrer Hauptfigur bewiesen. Pasquale Aleardi, ein in Berlin lebender Schweizer mit italienischen Wurzeln, ist eine großartige Besetzung dieses Einzelgängers. Georges Dupin ist eine Figur, die sich nicht um Autoritäten schert. Wenn der Präfekt anruft, geht Dupin entweder nicht ans Handy oder er bricht das Gespräch nach Sekunden mit dem Hinweis auf die schlechte Verbindung ab. Aleardi spielt ihn als coolen, lakonischen, geheimnisvollen und scharfsinnigen Polizisten. Außerdem verfügt Aleardi über eine Menge Sex-Appeal. Wenn er mit der attraktiven Kunstexpertin Morgane Cassel (Ulrike C. Tscharre) dem verschwundenen Gauguin auf der Spur ist, liegt knisternde Erotik in der Luft. Dupin erträgt es sogar, dass Cassel vor seinen Augen genussvoll eine riesige Platte mit Muscheln, Langusten und Hummerscheren vertilgt.

Auch wenn die Story konventionell erzählt ist und der Mordfall Bannec dem klassischen „Wer war der Mörder?“-Prinzip folgt, ist „Bretonische Verhältnisse“ doch ein spannend erzählter Krimi. Bei der Familie des ermordeten Kunstliebhabers liegt einiges im Argen, und so manches Familiengeheimnis kommt bei Dupins großem Showdown auf den Tisch.

Neben Aleardi und Tscharre überzeugen vor allem Sibylle Canonica als elegante Schwiegertochter des Toten und Walter Kreye als sein Halbbruder André. Dieser ist extra aus Paris angereist, wo er demnächst Innenminister werden soll. André Pennec ist ein richtiges Ekel, von jedem in Pont-Aven gehasst. Mit seinem arroganten Politikergehabe kommt er Georges Dupin ganz recht. Der freut sich geradezu, diesen Pennec immer wieder mächtig auflaufen zu lassen.

Inzwischen hat Bannalec seine beiden nächsten Bestseller veröffentlicht. „Bretonische Brandung“ und „Bretonisches Gold“ heißen sie. Mit der Verfilmung des ersten Teils und mit Pasquale Aleardi als Titelfigur könnte die ARD eine neue Erfolgsreihe starten. Kommissar Dupin macht Lust auf mehr.

„Kommissar Dupin – Bretonische Verhältnisse“ Do 20.15 Uhr, ARD