Abschluss des Schostakowitsch-Zyklus in der Laeiszhalle

Hamburg. Keine Hoffnung mehr. Sehr wenig Trost. Nur schwere Düsternis und Grabeskälte – und ab und an ein Fünkchen Nostalgie. In die letzten drei der fünfzehn Streichquartette von Dmitri Schostakowitsch hat sich die Seelenpein des schwerkranken Komponisten unüberhörbar hineingefressen: Seine Einsamkeit, seine Verbitterung über den Terror des Sowjetregimes und sicher auch die Angst vor dem nahenden Tod. All das in geballter Form zu hören und dadurch nachzuspüren, zählt zu den großen Vorzügen einer chronologischen Aufführung sämtlicher Schostakowitsch-Quartette: Man kann viel tiefer eintauchen als bei einem normalen Mischprogramm mit Werken anderer Komponisten.

Der fünfte und letzte Abend des Schostakowitsch-Zyklus mit dem Jerusalem Quartet im kleinen Saal der Laeiszhalle war deshalb besonders eindringlich und düster – auch wenn zwischendrin, im vierzehnten Quartett, etwas Licht am Horizont aufschimmerte.

Das Ensemble spielte die Werke mit größtem Ernst und genau jener Ruhe, die über die vielen langsamen Sätze und solistischen Passagen hinweg einen Spannungsbogen entstehen lässt.

Am stärksten gelang den vier Streichern das dreizehnte Quartett. Dort schufen sie mit dunklen Unisoni und bleichen Trillerfiguren eine gespenstische Atmosphäre. Die trockenen Schläge der Bögen gegen die Instrumente, mit denen Schostakowitsch hier den Streicherklang erweitert, wirkten wie das eisige Pochen des Todes; die tänzerischen Momente wie ein Pfeifen im finsteren Wald. Jede Andeutung eines Lächelns wird von der Musik sofort als trügerisch entlarvt und zur sarkastischen Fratze verzerrt. Da gefriert einem das Herz.

Diese Konzerte haben einen wichtigen kammermusikalischen Akzent gesetzt

Beim fünfzehnten Quartett – jetzt im abgedunkelten Saal – offenbarte das Jerusalem Quartet dann ein paar Konditionsschwächen und intonierte nicht mehr ganz so sicher und klar wie gewohnt. An der emotionalen Dichte des Abends änderte das aber nichts. Die mitunter beklemmende Intensität füllte auch noch die lange Stille nach dem Schlussakkord, in der das Publikum keinen Mucks machte. Der Schwingungsaustausch zwischen Interpreten und Hörern gehört zwingend zu einem tiefen Musikerlebnis. Hier, wie übrigens in den meisten der fünf Konzerte, war er mit Händen zu greifen.

Ein würdiges Finale. Mit dem Schostakowitsch-Projekt hat Christoph Lieben-Seutter bei den Elbphilharmonie Konzerten erneut einen wichtigen kammermusikalischen Akzent gesetzt. Man darf gespannt sein, was er in der nächsten Saison präsentiert.