Kabarettist Axel Pätz hat am Sonnabend mit seinem Programm „Chill mal!“ Premiere. Regie führt Thomas Matschoß

Lustspielhaus. Wenn es für einen Künstler richtig gut läuft, kommt er ganz schön herum in Deutschland, auch als Kleinkünstler. Axel Pätz ist bis nach Baden-Württemberg und Bayern vorgedrungen, spielte zuletzt in Städten wie Vaihingen, Bad Mergentheim oder Bad Steben. Fast immer fährt er mit dem Auto. Darin lässt sich sein Akkordeon besser verstauen, falls der örtliche Veranstalter weder einen Flügel noch ein Klavier stellen kann, sogar sein E-Piano. Im Kofferraum von Pätz’ Fünftürer liegen noch ein alter Teppich und ein Cocktailsessel aus den 50er-Jahren, den er einst im Ottenser Kulturzentrum Motte geschenkt bekommen hat.

Aber Wettenbostel und Bostelwiebeck? Die Orte in der Lüneburger Heide hat Axel Pätz erst im Vorjahr entdeckt. Als wäre der Hamburger, inzwischen einer der gefragtesten Tastenkabarettisten der Republik, mit etwa 100 Terminen pro Jahr nicht ausgelastet, übernahm er beim Jahrmarkttheater Wettenbostel im Stück „Dracula“ noch die Rolle des Bänkelsängers. „Eine Mischung aus Hofnarr und Motivator“, erzählt Pätz. Den Jahrmarkttheater-Macher Thomas Matschoß hatte Pätz zuvor kennen- und schätzen gelernt.

Der in Hamburg bestens bekannte Theatermann inszeniert auch Pätz’ drittes Kabarettprogramm „Chill mal!“, das an diesem Sonnabend in Alma Hoppes Lustspielhaus Premiere hat. Dafür hat Pätz sogar sein geliebtes Ottensen verlassen und in einer ausgebauten Scheune in Bostelwiebeck bei Uelzen geprobt, zeitweilig auch mit Thomas Matschoß. Der heute 58-Jährige hat in zwei Jahrzehnten einen Balanceakt zwischen freier Szene, Staatstheater und Kiez-Comedy bewältigt. Matschoß war 1994 der erste Regisseur des „Hamburger Jedermann“ im Theater in der Speicherstadt, heute ein Klassiker des Hamburger Kultur-Sommers. Er schrieb auch den Musical-Dauerbrenner „Heiße Ecke“ fürs Tivoli sowie die „Villa Sonnenschein“ fürs Schmidt.

„Ich brauchte jemanden, der mehr Struktur in mein Programm bringt“, begründet der Tastenkabarettist seine Regiewahl. „Es ist von Anfang bis zum Ende eine erzählte Geschichte“, sagt Meister Pätz, für seine ersten beiden Programme „Die ganze Wahrheit“ und „Das Niveau singt“ bundesweit mit fast 20 Preisen ausgezeichnet. Der 57-Jährige stützt sich zwar weiterhin auf die Co-Autoren Charlotte Wolff und Ralf Schulze, es seien nun aber wieder mehr Texte von ihm selbst im Programm, die Kompositionen ohnehin. „Es sind Geschichten aus meinem Leben“, sagt Pätz. Wahre, auch mal erfundene, vor allem aber absurd-überhöhte. Das neue Programm soll so autobiografisch klingen wie sein erstes, mit dem der satirische Spätentwickler 2008 seinen Siegeszug über die Kleinkunstbühnen begonnen hatte. Auch wenn sein Lied „Ich bin Bayern-Fan“ bei manchen erst mal Ablehnung oder sogar Pfiffe provozierte, ehe Lacher und Beifall folgten.

In jenen Momenten kann Pätz nicht nur so richtig schön böse, sondern freundlich gucken. Der frühere Rock- und A-cappella-Sänger, Kindertheaterspieler und Chorleiter hat seine wahre Profession, vielmehr Passion gefunden. Der Titelsong für sein drittes Programm indes steht schon seit einem Jahr: „Chill mal!“ beschreibt die Zustände im Hotel Mama, inspiriert von der jüngeren seiner zwei erwachsenen Töchter, bringt aber auch zwei Generationen zusammen. „Ich frage ja auch: Was machen die Eltern, wenn die Kinder aus dem Haus sind?“, sagt der Vater. Im Laufe der Monate haben sich einige Titel angesammelt. Bevor er das Programm spielt, überprüft er, ob die Themen noch relevant sind. „Meine Familie ist mein Testpublikum Nummer eins.“ Gefragt sind ehrliche, spontane Lacher.

Die gab es schon im Herbst 2012 für ein weiteres neues Lied des schwarzhumorigen Tastenvirtuosen: Als Pätz seinen schmissigen Akkordeon-Song „Ü80-Party“ als Satire auf die alternde Gesellschaft erstmals bei seiner Kleinkunstreihe „KabarettsPätzial“ im Goldbekhaus anstimmte, musste er mehrmals ansetzen – Besucherinnen konnten sich bei Zeilen wie „Manche stehen auf Keramik, das bringt beim Pogo mehr Dynamik“ oder „Das ist die Giga-Endzeitfete – auf Anschlag aller Hörgeräte“ vor lautem Lachen kaum halten.

Nicht nur Hamburg, auch Bostelwiebeck zählt fortan zu Pätz’ Tourorten. Dort wird er sich am 26. April selbst den Teppich ausrollen und auf dem mitgebrachten Cocktailsessel ans Klavier setzen und spielen. So kommt man rum.

„Chill mal!“ Premiere Sa 5.4., 20.00, Lustspielhaus (U Hudtwalckerstraße), Ludolfstr. 53, Karten zu 24,50 bis 26,50 unter T. 55 56 55 56