Die rasante Sozialsatire „Der Hässliche“ begeistert im Theater Kontraste

Hamburg. Wahre Schönheit kommt von innen. Was aber, wenn das nicht reicht? Dann wird heutzutage ordentlich nachgeholfen. „Der Hässliche“ alias Lette erfährt das am eigenen Leib. Statt des emsigen und einfallsreichen Ingenieurs soll Lettes unbedarfter Assistent seinen Starkstromstecker auf einem Kongress vorstellen, weil der Chef meint, Lette könne mit seiner Visage nichts verkaufen. Als auch seine Frau gesteht, sein Gesicht sei schon immer „katastrophal“ gewesen, entschließt sich Lette zur Schönheitsoperation.

Das klingt absurd und ist es auch. Marius von Mayenburgs Sozialsatire ist der jüngste Streich im Theater Kontraste. Bei der Hamburger Premiere wurde er mit lang anhaltendem und begeistertem Beifall gefeiert. Regisseurin Meike Harten versteht es, die vier Schauspieler in der bitterbösen Komödie gekonnt in Szene zu setzen. Allen voran Harald Weiler. Als Lette macht er eine mehrfache Häutung durch: von seinem fast naiven Unverständnis über sein Äußeres bis hin zur Selbstgefälligkeit, weil er nach der OP beim Chef und der Damenwelt plötzlich angesagt ist wie nie. „Wird meine Frau mich überhaupt wiedererkennen?“, hatte Lette ängstlich gefragt, „Das wollen wir nicht hoffen“, hatte der Chirurg erwidert.

Weil der Arzt, pardon „Künstler“, aufgrund des ungeahnten Erfolgs immer mehr Duplikate der Visage schafft, sinkt Lettes Stern allerdings so schnell, wie er gestiegen war. Er wird zum Symbol der Austauschbarkeit in unserer Mehr-schein-als-sein-Gesellschaft. „Ich will mein Gesicht zurück!“, sagt Lette nach einer Transplantation, doch der Chirurg weist ihn ab: „Wollen Sie ein Arschgesicht mit Achselhaaren?“

Derartige Dialoge bietet das rasante Stück zuhauf. Zudem gibt Dirk Hoener dem Obst essenden Chef und selbstverliebten Chirurgen in seiner Doppelrolle wunderbar abgedrehte Züge – bis der Doc selbst das Gesicht verliert.

Die größte Leistung des Ensembles – Kerstin Hilbig und Ole Schloßhauer jeweils in Dreifachrollen – liegt darin, dass es mitten in der Szene Text und Charakter wechselt, ohne sich äußerlich zu verändern. Das Bühnenbild von David Hohmann („Die Firma dankt“), eine in Aluminium gehaltene Verkleidung eines Lüftungsschachts, dient den vier Akteuren zu skurrilen Verrenkungen und als OP-Tisch, optisch und akustisch („Absaugen!“) grotesk simuliert. Dagegen ist ein Zahnarztbesuch harmlos. Indes: Dabei hat man nicht so viel Spaß.

„Der Hässliche“ bis 17.5., Theater Kontraste im Winterhuder Fährhaus, Karten unter T. 48 06 80 80