Hamburg. Die Erlebniswelten von Hamburgern mit Migrationserfahrungen auf die Bühne zu bringen, ist bis zum 15. Februar das Anliegen von „Krass“, dem „Kultur-Clash-Festival“ auf Kampnagel. Zum Auftakt brachte Festivalkurator Branko Šimić sein Dokumentartheaterstück „Abgrund – Ich bin ein alchemistisches Produkt“ zur Uraufführung.

Arash Marandi, in Gießen aufgewachsener Schauspieler mit iranischen Wurzeln und frisch zurück vom Sundance-Festival, erzählt darin bitter-humorig von Befragungen der US-Behörden bei der Einreise. Der 18-jährige Faissal Ahmadazy fährt nach Afghanistan, das Land seiner Vorfahren, in dem er sich genauso fremd fühlt, wie in seinem Heimatland. Diese Erlebnisberichte verschränkt Šimić mit den Texten der libanesisch-amerikanischen Dichterin Etel Adnan. Ein berockter Nicola Duric und die junge Jasmina Music sprechen die Alltagstexte von scheinbarer Normalität, in die der Irak-Krieg unvermittelt hereinbricht.

Zwei Tänzerinnen und Tänzer geben den zerrissenen Biografien körperlichen Ausdruck, Sascha Demand steuert verzerrte Gitarrenklänge bei, und Frau Kraushaar singt ganz wunderschön. Dem Abend mag etwas Halbfertiges anhaften. Und in seiner Mischung aus Literatur, Erleben, Agit-Prop-Songs („Frontex, man versteht Dich im Kontext“) gehen mitunter der Fokus und das Ziel verloren. In den Erlebnisberichten aber bekommt er etwas Dringliches. Manche Geschichten sind es einfach Wert, gehört zu werden.

„Krass“ Kultur-Crash-Festival bis 15.2., Kampnagel, Jarrestr. 20-24, T. 27 09 49 49; www.kampnagel.de