Hamburg. Kraftwerk spielt inzwischen in Museen. Karl Bartos, 15 Jahre lang Mitglied der deutschen Electro-Popband, zieht den Club vor. Was nicht heißt, dass seine Konzerte neben der Musik nicht auch wichtige visuelle Elemente beinhalten. Bei seinem Konzert im Gruenspan ist über der Bühne ein Leinwand-Triptichon aufgehängt, auf dem während der folgenden 95 Minuten Videos laufen, die den Keyboard-Computer-Sound mit Bildern bereichern. Zu „Trans Europa Express“ sieht man den ehemaligen Stolz der Bundesbahn kreuz und quer durch Deutschland fahren, zu „Tour de France“ flimmern Bilder des Pelotons, der sich dicht gedrängt in Richtung Paris bewegt. Man sieht Bartos, wie er sich über den Hamburger Kiez bewegt und Impressionen aus Düsseldorf, der Stadt, in der Kraftwerk Anfang der 70er-Jahre im Umfeld der Kunstakademie gegründet wurde.

Der 61 Jahre alte Keyboarder und Sänger steht im Mittelpunkt der Bühne, rechts und links haben Robert Baumanns und Mathias Black ihre Rechner aufgeklappt und assistieren Bartos mit allerlei Sounds. Das Setting auf der Bühne sieht aus wie ein Klanglaboratorium, doch was aus den Boxen dröhnt, ist alles andere als steife Wissenschaft. Bartos und seine beiden Mitstreiter lassen die Puppen tanzen – auf den drei Leinwänden und unten im Saal.

Begeistert wird applaudiert, wenn das Publikum wieder eine der bekannten Nummern aus dem Kraftwerk-Œuvre oder aus Bartos’ Werk erkannt hat. Die Mehrzahl im Publikum ist männlichen Geschlechts und jenseits der 40, die Atmosphäre ist entspannt, den Rhythmen kann sich auf Dauer niemand entziehen. Die Beats gehen in die Füße, und zu jedem Song wippt das Auditorium entspannt mit und applaudiert am Ende begeistert. Bartos und seine beiden Mitstreiter hinter den Computerstationen zeigen an diesem Abend, dass die Kraftwerk-Musik nicht ins Museum gehört, sondern in den Club. Bartos ist kein Roboter, er ist ein Mensch hinter all den Rhythmen und Visuals geblieben.