Ex-Kraftwerker Karl Bartos geht nach acht Jahren wieder auf Tournee

Musiker wie Karl Bartos gibt es viel zu wenige. Keinen Deut schert er sich um Klangmoden, sein Zugang ist eher ein zeitloser. Wie die großen Komponisten des klassischen Kanons, Strawinsky oder Schönberg, will Bartos nicht mit besonders schrillen, bizarren Tönen Aufmerksamkeit erregen. Für ihn hat Musik eine ganz andere Aufgabe, „uns über unsere Sterblichkeit zu trösten“. Puh, das klingt groß.

Genau das ist Bartos in seiner Zeit als Zweiter von links bei Kraftwerk aufs Schönste gelungen. Der Name der Band steht bis heute aufs Glanzvollste für musikalischen Pioniergeist, Experiment und internationalen Erfolg. Am 25. Januar hat die Band als erste deutsche Popgruppe überhaupt den Grammy Award für ihr Lebenswerk entgegengenommen. Karl Bartos startete am gleichen Tag seine erste Deutschlandtour seit acht Jahren. Kraftwerk ist für den Mann, in dessen Äußeren sich Punk-Appeal und die Grandezza der Erfahrung aufs Eleganteste mischen, längst Geschichte, auch wenn in die Zeit seiner Co-Autorenschaft deren größte Erfolge fallen, von „Die Roboter“, „Das Modell“ bis zur „Computer Liebe“.

Wenn er am 31. Januar sein aktuelles Album „Off The Record“ im Hamburger Gruenspan präsentiert, ist eine musikalisch wie auch visuell ambitionierte Show zu erwarten. In dem sehr geschlossenen Werk hat er altes Bandmaterial aus den Jahren 1977 bis 1993 in klassischem Retrofuturismus überführt. Die zwölf Songs bilden eine Art musikalisches Tagebuch. Während seine Ex-Bandkollegen seit Jahren ihre zeitlosen Melodien mit unbewegter Miene hinter ihren Keyboards in Museumskonzerten zwischen London und New York abrufen, klingt Bartos’ Werk im Ergebnis wie ein wahrhaft frisch erneuertes Kraftwerk-Oevre.

Ob Bartos in „Atomium“ geschult am Neoklassizismus Strawinskys über den Fortschrittsglauben der Nachkriegszeit nachdenkt oder sich für „Vox Humana“ von Stockhausens „Gesang der Jünglinge“ animieren ließ, oder ob er in „Without A Trace Of Emotion“ eben doch mit sehr viel Gefühl das eigene Selbst spiegelt. Im Ergebnis entsteht Musik, die wahrlich das Zeug hat, die Endlichkeit vergessen zu lassen. Und die sich auch live nicht aufs reine Knöpfedrehen beschränken dürfte.

Karl Bartos Fr 31.1., 20.00, Gruenspan (S Reeperbahn), Große Freiheit 58, Karten zu 24,20 im Vorverkauf; www.karl-bartos.de