Eine Betrachtung von Thomas Andre

Die Frage, was uns ein literarischer Klassiker heute noch zu sagen habe, ist selber ein Klassiker. Jeder, der sich für einen kundigen Leser der großen Romane hält, behauptet mit hochgezogener Braue, dass der Klassikerstatus eines Klassikers auf der klassischen Qualität der Zeitlosigkeit beruht. Umso überraschender erscheinen nun die Literatur-News von der Insel: Dort arbeiten derzeit sechs namhafte Autoren an aktuellen Versionen von Romanen Jane Austens.

„Stolz und Vorurteil“, „Verstand und Gefühl“, „Emma“ – das sind Stoffe, die das Feld der romantischen Verwerfungen durchmessen haben. Und zwar im 18. Jahrhundert, als es amouröse Techniken wie den schnellen Sex im Kraftfahrzeug oder die verhängnisvolle, nächtliche WhatsApp-Eifersuchtsattacke noch nicht gab, dafür aber verkorkste Heiratsanträge, unziemliche Leidenschaften und herrschaftliche Abendveranstaltungen in protzigen Schuppen.

Dies Zeitkolorit soll nun mit den modernen Umständen überpinselt werden. Da darf man gespannt sein. Remakes kennt man ja eigentlich nur aus dem Kino, und auch da bleibt die Geschichte, bleiben die Gefühle ja dieselben, das Menschliche und das allzu Menschliche. Deshalb könnte man, wenden bedenkentragende Zeitgenossen nun ein, den Aktionismus doch ganz sein lassen. Dagegen wenden wir wiederum ein, dass sich bestimmt jede Austen-Figur über ein iPhone freut. Jede Wette.