Die Komödie „Dat Leven is en Lotterie“ am Ohnsorg-Theater kommt erst nach der Pause langsam in Schwung. Das Stück läuft noch bis zum 1. März.

Hamburg. Das Bühnenbild von Félicie Lavaulx-Vrécourt ist hinreißend und somit der vielversprechende, spontan beklatschte Einstieg für die plattdeutsche Erstaufführung von Stefanie Stroebeles Komödie „Dat Leven is en Lotterie“ am Ohnsorg-Theater. Ein Strippengewirr, behängt mit Eimern, Kuhglocke und allerlei Krachmachern, durchkreuzt den Salon eines einstmals gediegen vornehmen Hauses, dessen Einrichtung abhanden gekommen ist. Chaos herrscht, während die einzige Bewohnerin volltrunken im Ohrensessel ihren Rausch ausschläft. Sie hat dieses Sicherheitssystem ausgeklügelt, das ungebetenen Besuch abschreckt und sie selbst aus ihrem alkoholisierten Dauerzustand weckt.

So weit, so gut also. Das könnte was werden, zumal Uta Stammer, Charakterschauspielerin par excellence am Ohnsorg, die Rolle der abgehalfterten, einstmals angesehenen Schauspielerin Marie Herzog übernommen hat, die nun Trost im Suff sucht. Doch ach, so sediert wie Marie ist die Inszenierung von Frank Grupe, die sich erst nach der Pause partiell berappelt, an Fahrt und Witz gewinnt, auch an berührenden Momenten, und wir fragen uns immer wieder, woran es liegt, dass dieses Stück so wenig von der Stelle kommt.

Am Thema nicht, das gäbe viel her: Marie spielt seit eh und je mit denselben Zahlen beim Lotto, gewinnt 42 Millionen Euro, es gibt Komplikationen um den Schein, doch aus den bösartigsten Nachbarn und Sparkassen-Angestellten werden katzenfreundliche Mitmenschen, die nicht ahnen, dass das alles keine Richtigkeit hat. Kaum erfahren sie, dass der Gewinn eine Luftnummer ist, fallen sie in alte Verhaltensmuster zurück. So ist der Mensch: Wenn er sich für sich selbst etwas verspricht, wendet er sich wie das Fähnchen im Wind. Mehr wollen wir nicht verraten, weil es so viele überraschende Wendungen in diesem von Grupe selbst ins Plattdeutsche übersetzten Stück nicht gibt, und auch die Dialoge sprühen nicht gerade vor Esprit. „Lieber ein Sechser im Lotto als ein Achter im Fahrrad“ ist da schon eines der besten Bonmots.

Das alles kann man nur mit Tempo über die Bühne bringen und größtmöglicher Rollensicherheit, die bei Gaby Blum als Ohnsorg-Novizin, eigentlich eine erfahrene, hochdeutsche Schauspielerin, noch nicht da ist. Sie spielt die biestige Else, ungeliebte Schwester von Marie. Blum muss wohl erst mit dem Plattdeutschen vertraut sein, um in ihre Rolle zu wachsen. Im Gegensatz zu Jürgen Uter, der vom Schauspielhaus ans Ohnsorg gekommen und des Niederdeutschen mächtig ist. Doch er kann als Sparkassen-Angestellter ebenso wenig an Profil zeigen wie Beate Kiupel als Zickennachbarin und Wolfgang Sommer als pensionierter Finanzbeamter.

Bleibt Uta Stammer als zunächst schwankender, dann fest stehender Fels in der Komödienbrandung. Ob verlottert oder hochelegant, sie ist das Zentrum, auf das sich bisher alles fokussiert. Doch noch ist nichts verloren.

Dass sich einmal mehr die Premieren vom Ohnsorg- und Altonaer Theater gekreuzt haben, ist ausgesprochen ärgerlich. Die Termine vom Ohnsorg-Theater, das alle sechs Wochen eine Premiere herausgibt, stehen bereits lange im Voraus fest. Wie die ihren auch, versichert das Altonaer Theater.

Der Bühnenverein, dem gern die Schuld an den wiederkehrenden Überschneidungen zugeschoben wird, weil er als letzte Instanz die eingereichten Termine prüfe, stellt mit der Stimme von Marlies Funke als „Kontrolleurin“ klar: „Papperlapapp. Wir machen sogar die Theater aufmerksam, wenn wir Überschneidungen entdecken. Einfluss auf die Planungen haben wir nicht.“

Nächste Vorstellungen: im Januar täglich