„Die Glasmenagerie“ im Malersaal erzählt eine wunderbar anrührende Tragikomödie mit vier hervorragenden Schauspielern

Hamburg. Warum dieser vollkommen überdrehte Klamauk? Warum die plumpen Anspielungen auf Homosexualität und Hitler? Warum die zotigen Kalauer und die wüsten Travestienummern, die in jedem Schmierenetablissement für Heiterkeit sorgten? Fragen, die keine Antwort finden in einem Wechselbad der Gefühle, dem nicht nur die Zuschauer in Sebastian Kreyers Inszenierung von Tennessee Williams’ Schauspiel „Die Glasmenagerie“, eine Übernahme des Kölner Schauspielhauses, ausgesetzt sind. Auch die Protagonisten des Dramas müssen sie aushalten.

Im Malersaal des Schauspielhauses schwankt man zwischen totaler Ablehnung und tiefer Empathie und ist doch am Ende beeindruckt, weil hier vier tolle Schauspieler nichts anderes tun, als uns Theater vorzuspielen mit allen Verrücktheiten, Zärtlichkeiten, Überspanntheiten, Verzweiflungen und Lebensvergeudungen, die vier Menschen in familiärer und seelischer Konfusion aneinander binden.

Es wird, blendet man den billigen Regie-Trash aus, eine Tragikomödie über Liebe, Abhängigkeit und Realitätsflucht erzählt. Wenn wir Zuschauer also die schrillsten Attacken, die blödesten Entgleisungen verdaut haben, dann lassen wir uns von den leisen, intensiven Szenen vollkommen gefangen nehmen.

Zunächst ist es ziemlich laut: Ein riesiger Originalwohnwagen ist die chaotische Heimstätte der Wingfields, (Bühne: Thomas Dreißigacker). Tom Wingfield (Orlando Klaus), erzählt die Geschichte im Rückblick, sieht sich in den Fängen von scheuer Homosexualität, von Unentschlossenheit, Aufbruchwillen und Verantwortungsgefühl gegenüber der egomanen Mutter (Anja Lais spielt sie als ebenso nuttige wie kindfrauliche Fregatte), die ihre Kinder abgöttisch liebt. Tochter Laura ist das Schmerzenskind. Wie Marie Rosa Tietjen die seelische und körperliche Verkrüppelung mit dem Einziehen des Kopfes, herausgestoßenen Worten und dennoch ganz klaren Gedanken deutlich macht, das bewegt tief. Sie blüht auf, leuchtet förmlich bei den Komplimenten des Heiratsaspiranten Jim, dem Carlo Ljubek immer wahrhaftigere Töne in seiner verlegenen Verunsicherung gibt. Wir sehen und erleben diese wunderbaren Momente, die mit großem Beifall honoriert wurden.

„Die Glasmenagerie“ Malersaal im Schauspielhaus, weitere Vorstellungen 21.12., 5.1., 12.1., Karten zu 18,-