Das Drama „Houston“ ist eine scharfsichtige Parabel über das Leben im 21. Jahrhundert

Auf dem Sundance Festival hatte „Houston“ kein Problem. Da ist man introvertiertes europäisches Kino gewöhnt, und entsprechend freundlich fielen die Reaktionen nach der Weltpremiere von Bastian Günthers Film auch aus. Natürlich half das Setting. Wohl selten ist Houston so kühl großstädtisch fotografiert worden wie von dem deutschen Kameramann Michael Kotschi, der den Amerikanern diese mit Cowboy- und Raumfahrt-Klischees zuklebte Metropole bereinigt darbietet.

Clemens Trunschka ist ein Headhunter. Alkoholiker. Gelingt es ihm nicht, den sagenhaften CEO von Houston Petrol für einen deutschen Autokonzern abzuwerben, wird er gefeuert. Das sind keine guten Voraussetzungen für diese finale Geschäftsreise, die immer zum Blick ins Herz der Finsternis wird, in dem Versagensängste wüten.

Ulrich Tukur spielt diesen Verlierer, und man könnte sich keinen anderen Schauspieler vorstellen, dem man so lange, so intensiv und so angerührt zusehen würde wie diesem 56-Jährigen, der dem eigenen Scheitern ratlos-traurig staunend zuzusehen scheint und dazu die abgeschlafften Bauchmuskeln mutig vor die Kamera hält.

Clemens Trunschka schöpft etwas Hoffnung, als Robert Wagner (Garret Dillahunt) in sein Leben platzt. Ein redseliger Typ, der behauptet zu wissen, wo man den Houston-Petrol-Mann abfangen kann. Einer, der, wie sich herausstellt, auch einen unerfreulichen Job hat: Wagner ist undercover unterwegs, um Hotels und ihr Personal zu testen. So ein Job macht einsam, aber dass Wagner verzweifelt nach Freundschaft sucht, geht Trunschka erst nicht auf und dann am Knie vorbei.

„Houston“ ist eine Parabel über das Leben im 21. Jahrhundert und die „Global Economy“. Ein Film über einen Mann, der sich am Erfolg misst und dabei dem Leben abhanden kommt. In diesem Sinne ist die brutalste Szene die schönste: Trunschka hat sich von einem anonymen Anrufer aus der Stadt locken lassen. Gewiefte Kinogänger wissen natürlich, dass der Held irgendwo im Nirgendwo nichts Gutes zu erwarten hat.

Bewertung: empfehlenswert

„Houston“ D 2013, 107 Min., ab 12 J., R: Bastian Günther, D: Ulrich Tukur, Garret Dillahunt, täglich im Blankeneser; http://dpaq.de/Wvjx4