Hamburgs Elektronikkünstler Felix Kubin und die Band Mitch and Mitch stellen im Bunker-Club ihr neues Album vor

Uebel & Gefährlich. Wenn Felix Kubin bei einem Konzert auf der Bühne steht, ist er meistens allein, aber umgeben von allerlei Geräten. Sequenzer, Synthesizer, Kassettenrekorder und allerlei weiteres analoges Gedöns dienen dem Hamburger Elektronikkünstler zur Klangerzeugung. Wenn Kubin an diesem Dienstag im Uebel & Gefährlich vor das Publikum tritt, wird die Bühne recht voll sein, denn er tritt mit Mitch and Mitch auf. Dahinter verbirgt sich ein polnisches Avantgarde-Ensemble mit neun Mitgliedern. Mit der Bigband hat Kubin ein Album mit Elementen der Musique concrète, Easy Listening, Filmsoundtracks und der BBC Radiophonic Workshops aufgenommen, das er als „Avantgarde-Pop-Library Music“ bezeichnet und das Gebrauchsmusik für den universellen Einsatz in allen Lebenslagen sein möchte.

Vor einem Monat erst hat der Klangtüftler mit „Zemsta Plutona“ ein neues Soloalbum veröffentlicht. „Zemsta Plutona“ ist polnisch und bedeutet „Plutos Rache“: Gemeint ist der Hund aus den Disney-Cartoons, nicht der äußerste Planet unseres Sonnensystems. Aus seinem großen Klangsammelsurium hat Kubin elf neue Tracks zusammengebaut, die mit ihren zackigen Casio-Sounds manchmal an die Anfänge der Neuen Deutschen Welle (NDW) erinnern. Aber Kubin setzt dabei mit Titeln wie „Der Kaiser ist gestorben“, „Swinging 40s“ und „Flies Without Memory“ auch Instrumente wie Schlagzeug, Trompete und Posaune ein. Auch ein Wäscheständer dient als Instrument. Unterstützung im Studio hat Kubin sich bei einigen Tracks von Tobias Levin geholt, der einer der wichtigsten und kreativsten Hamburger Produzenten ist und für Tocotronic, Kante und Gisbert zu Knyphausen gearbeitet hat.

Die Tracks, bei denen Levin seine Finger mit im Spiel hatte, wirken etwas strukturierter als die drei ersten Nummern. Höhepunkt des Albums ist eine futuristische Nummer, die „Piscine résonnez!“ heißt und bei der ein französisch singender Frauenchor über Manta-Rochen in einem Schwimmbad singt und von einem mächtigen Beat aus Trompeten und Schlagzeug angetrieben wird. Das Thema des Stücks passt genau in Kubins absurde Welten.

Lange Zeit ist Felix Kubin in seiner Heimatstadt überhaupt nicht richtig wahrgenommen worden. Seit mehr als 20 Jahren experimentiert er bereits mit Klängen. International gilt er als einer der wichtigsten Klangkünstler der Gegenwart, der regelmäßig zu Festivals mit elektronischer und Neuer Musik eingeladen wird. Ein wichtiger Einfluss waren für ihn NDW-Bands wie Der Plan und Die Tödliche Doris und Komponisten der Neuen Musik wie Yannis Xenakis, Luigi Nono und Karlheinz Stockhausen. Kubins Auffassung von Musik geht weit über die übliche Vorstellung des organisierten Schallereignisses hinaus: „Man kann jeden Klang als Musik wahrnehmen“, sagt er. Im Jahr 2010 widmete ihm das britische Magazin „Wire“ eine achtseitige Titelgeschichte, die Kubins internationale Bedeutung unterstreicht. Die Überschrift brachte seine Visionen und sein Außenseitertum auf den Punkt: „Der Spinner“ stand über dem Porträt.

Im vergangenen Jahr war Kubin im Körber-Forum in der Reihe ePhil zu Gast, wo er mit analogen Sequenzern elektronische Kammermusik kreierte. Auch der NDR lud ihn in diesem Jahr in die Reihe „das neue werk“ ein. Im Rolf-Liebermann-Studio konnte Kubin einem größeren Publikum eine seiner ausgefallenen Arbeiten zu Gehör bringen. „Mein Chromdioxidgedächtnis“ hieß die Komposition, die er damals zusammen mit dem Schlagzeuger Steve Heather und der Pianistin Ninon Gloger aufführte. Er selbst bediente Kassettenrekorder und Elektronikgeräte.

Wenn er im Uebel & Gefährlich mit dem Ensemble Mitch and Mitch auftritt, werden eine ganze Reihe von Musikern mit herkömmlichen Instrumenten auf der Bühne stehen. Was nicht zwangsläufig heißen muss, dass diese Instrumente auch auf herkömmliche Art gespielt werden. Dafür ist Kubin zu sehr Performance-Künstler. Ein wichtiges Element in seiner Musik ist es, Erwartungshaltungen aufzubrechen und die Besonderheiten des Raumes zu nutzen. Vorhersagen über den Abend sind schwer, aber wer mit offenen Ohren in den Bunker-Club geht, wird ein aufregendes Klangabenteuer erleben.

Felix Kubin & Mitch and Mitch Di 3.12., 21.00, Uebel & Gefährlich (U Feldstraße), Feldstr. 66, Karten: 17,20; www.felixkubin.com