Jan Vogler und Hélène Grimaud legen ihre Version des berühmten Liedzyklus vor

Hamburg. Ein Liedzyklus mit Cello? Aber ja! Zumindest, wenn der Cellist Jan Vogler heißt. Mit der Pianistin Hélène Grimaud hat er sich eines der berühmtesten Werke der Gattung ausgesucht, Robert Schumanns „Dichterliebe“.

Schumann war der literarischste Kopf unter den Komponisten des 19. Jahrhunderts. Man merkt es an der Qualität der von ihm vertonten Gedichte. 1840 schrieb er die „Dichterliebe“ auf Texte aus dem „Lyrischen Intermezzo“ von Heinrich Heine. Text und Musik gehen bei Schumann eine Verbindung ein, deren Qualität über das Übliche weit hinausgeht. Bis in die kleinsten Noten hinein zeigt seine Tonsprache diesen spezifischen Grad der Aneignung.

Das Verblüffende an der vorliegenden Einspielung ist, dass auch ohne den Text nichts davon verloren geht. Die Musik selbst ist es, die die von Heine beschworenen Stimmungen erzeugt. Fast wirkt es, als machte erst die Abwesenheit des gesungenen Wortes das Ohr frei für die Botschaft der Töne. Es bedarf freilich auch eines entschlossenen und seismografisch die schumannschen Klangwelten auslotenden Instrumentalisten wie Vogler. Wenn er vom elegischen „Ich will meine Seele“ übergeht zum trotzigen Anfang von „Im Rhein, im heiligen Strome“, dann glaubt man einen Sänger zu hören.

Voglers Farben und Artikulation lassen keinen Wunsch offen, und Grimaud ist ihm ein starkes Gegenüber. Gemeinsam gehen die beiden an die Grenzen des Ausdrucks, und die ausgedehnten Klaviernachspiele macht Grimaud zu eigenen kleinen Welten. Eingeleitet wird diese Reise von den Fantasiestücken op. 73, die Schumann wirklich für Cello geschrieben hat (und für Klarinette und Geige). Und zum Ausklang spielt Vogler mit seinem famosen Moritzburg Festival Ensemble ein ob seiner ungewöhnlichen Besetzung selten zu hörendes Werk Schumanns: Andante und Variationen op. 46 für zwei Celli, zwei Klaviere und Horn.

Robert Schumann: Dichterliebe. Jan Vogler, Hélène Grimaud, Moritzburg Festival Ensemble. Sony Classical