Michael Mittermeier hat sich viele Ideen für sein neues Programm „Blackout“ in England geholt. Heute ist er damit in Hamburg zu Gast

Hamburg. Immer wieder sucht Michael Mittermeier den Weg ins Ausland, weil er dort Nummern spielen kann, die in Deutschland nicht möglich wären. Nachdem sich in seinem letzten Programm alles um seine Tochter drehte, will der Comedian in „Blackout“, mit dem er am heutigen Donnerstag in der O2 World gastiert und das aktuell auf CD erhältlich ist, wieder härter werden.

In „Achtung, Baby“ ging es um ihre Tochter Lilly, warum kommt es jetzt zum „Blackout“?

Michael Mittermeier:

Das Programm sollte wieder ein wenig härter und schmutziger werden. Der Name passt sehr gut in die Zeit. Wir alle haben Angst vor einem Blackout, ob nun das Internet ausfällt oder das Licht ausgeht. Es geht auch um persönliche Blackouts von Politikern, um Atomkraft, aber auch um den Pferdefleischskandal.

Als Inspiration für „Blackout“ waren Sie in den letzten Jahren vermehrt im Ausland unterwegs, haben viel auf Englisch gespielt. Warum dieser Schritt?

Mittermeier:

Ich bin ins Ausland gegangen, um zu lernen. Das geht auch mit 47 Jahren noch. Wenn ich in England oder Schottland auf der Bühne stehe, muss ich bei null anfangen. Da kennt mich kein Mensch, und dann macht es mich schon stolz, wenn ich als Deutscher 5000 Engländer zum Lachen bringe.

Eine Fähigkeit, für die wir Deutschen auf der Insel nicht unbedingt berühmt sind.

Mittermeier:

Ein deutscher Comedian erscheint den Engländern so natürlich wie ein russischer Menschenrechtler. Da musste ich mir viel Kredit erst wieder erarbeiten, aber ich suche immer neue Grenzen und Herausforderungen und probiere viele kleine schräge Dinge aus. Ein guter Stand-upper lernt immer etwas dazu, und ich versuche mich stets weiterzuentwickeln. Davon profitiert auch mein deutsches Programm, denn das hat trotz der vielen Zeit im Ausland für mich immer Priorität.,

Die Kunstform Stand-up-Comedy hat in England und auch in den USA seit den 50er-Jahren Tradition. Wie sehen Sie das Genre in Deutschland?

Mittermeier:

In Deutschland hat sich der Begriff ja erst Mitte der 90er-Jahre etabliert. Natürlich haben wir noch viel aufzuholen. Die Engländer können aus einem viel größeren Pool talentierter Leuten schöpfen. Die Jungs inspirieren mich auch selber ungemein.

Kommen in Deutschland zu wenig gute Comedians nach? Gefühlt sehen wir seit Jahren die gleichen Leute im Fernsehen.

Mittermeier:

Teilweise vermisse ich beim Nachwuchs die Leidenschaft. Aber sie werden auch zu schnell gehypt. In Deutschland sind wir eher ein Comedy-Sozialhilfeland, in dem jedem, der drei gute Witze macht, sofort eine eigene TV-Show angeboten wird.

Ist die fehlende Tradition auch der Grund, warum man sich in Deutschland mit einer härteren Humor-Gangart so schwertut?

Mittermeier:

Die deutsche Hochkultur ist so wahnsinnig unentspannt. Da wird jedes F-Wort sofort in der Luft zerrissen. Ich spiele im Ausland Nummern, die gehen in Deutschland einfach nicht, aber gar nicht wegen der Zuschauer. Vielmehr würde mich das Feuilleton auf ewig dafür verteufeln.

Ist deutsche Stand-up-Comedy zu brav?

Mittermeier:

Bei den Diskussionen über Niveau, die wir hier manchmal führen, würden sich die Engländer totlachen und sich fragen: „What is the fucking problem?“ Dabei spreche ich nur die Sprache der Menschen. Stand-up ist und bleibt eine der wenigen ehrlichen Unterhaltungsformen.

Nicht immer einfach im Land der Dichter und Denker.

Mittermeier:

Goethe und Schiller waren auch keine Chorknaben, die sind hinaus in die Welt und haben die Sau rausgelassen. Einen „Faust“ schreibe ich auch nicht, wenn ich zu Hause Lego spiele.

„Blackout“ Do 14.11., 20.00, O2 World