Robert Schumann gilt landläufig als der Inbegriff des deutschen Romantikers. Dennoch ist es bei ihm mit süffigen Melodien nicht getan; seine komplexen, klanglich und metrisch vertrackten Kompositionen erschließen sich nur dem, der willens ist, tiefer zu schürfen. Das junge Amaryllis Quartett, im vergangenen Jahr mit einem Echo Klassik ausgezeichnet und Hamburger Hörern durch eine eigene Konzertreihe in der Laeiszhalle bekannt, beschreitet auf seiner CD „Green“ einen eigenwilligen Weg und verbindet Schumann mit György Kurtág, Jahrgang 1926 und einer der unumstrittenen Säulenheiligen der zeitgenössischen Musik.

Drei Streichquartette hat Schumann überhaupt nur komponiert, alle innerhalb weniger Wochen im Sommer 1842, und sie in einer Opuszahl zusammengefasst. Op. 41 Nr. 1 und 3, beide in a-Moll, rahmen Kurtágs „Officium breve in memoriam Andreae Szervánszky“ aus den Jahren 1988 ein.

Die gegenseitige Durchdringung funktioniert in solchem Maße, dass nicht immer ganz klar ist, ob gerade der Musikerliterat des 19. Jahrhunderts spricht oder der Ungar.

So sehr die Musiker bei Schumann vom Ausdruck her ins volle Risiko gehen und bei aller Dramatik immer beredt und klar bleiben, so nahtlos setzen sie diese Atmosphäre bei Kurtág fort. Es ist frappierend, wie der Komponist in jeder der 15 Miniaturen auf kleinstem Raum eine Geschichte unterbringt. Das Quartett erzählt in Clustern, mit fast außerirdisch wirkenden Ponticello- und Flageolett-Effekten oder sehr bewusst gesetzten einzelnen Tönen, dann wieder mutiert es zum Akkordeon oder vergeistigt sich zu einem geradezu außerirdischen Klang. Der intime, klagende Tonfall des abschließenden Larghetto scheint den Übergang zu Schumanns op. 41 Nr. 3 förmlich zu fordern.

Eine Aufnahme so dicht, als wäre man live dabei.

Amaryllis Quartett: „Green“. Genuin Classics