Statt in Hamburg in der HafenCity oder der Speicherstadt entsteht das „Haus der Pressefreiheit“ jetzt online – falls die Finanzierung klappt. Das ist seit nun mehr zwölf Jahren das Problem.

Hamburg. Langen Atem muss man dem Deutschen Pressemuseum Hamburg auf jeden Fall zugestehen. Seit zwölf Jahren versuchen die engagierten Vereinsmitglieder, ein Museum auf die Beine zu stellen, das die deutsche Geschichte aus journalistischer Sicht widerspiegelt, das erzählt, wie die freie Presse dabei half, die Bundesrepublik Deutschland zu formen, die wehrhafte Demokratie zu etablieren und das Weltgeschehen für alle begreifbar zu machen. Nicht nur für Experten, sondern für alle an der Zeitgeschichte Interessierten sollte in Hamburg ein Ort entstehen, an dem Geschichte lebendig wird.

Verschiedene Varianten und Orte wurden angedacht, vom eigenen Museumsbau in der HafenCity bis zur Mietlösung in der Speicherstadt. Doch der Idealismus, der die Initiatoren bis heute antreibt, stieß immer wieder auf ein Problem: Wie finanzieren? So wurde im Verlauf der Jahre die Vision immer weiter eingeschränkt. Vor einem Jahr, so der Vorstandsvorsitzende Heinz Behrens, stand das gesamte Projekt auf dem Spiel. Aufgeben wollte man jedoch nicht. Also zog man einen Schlussstrich unter den Traum von einem Museum mit vier Wänden, Exponaten und Eintrittskarten, verlagerte die Realisierung von Hamburg aus in die ganze Welt, genauer: ins Internet.

Das „Haus der Pressefreiheit“ soll zur Webseite, zum Archiv, zur Chronik der deutschen Presselandschaft werden. Und dieser einerseits bescheidene, andererseits ambitionierte Plan ist schon recht weit gediehen. In Zusammenarbeit mit der Mediendesignagentur KircherBurkhardt, dem Haus der Geschichte in Bonn und dem Deutschen Historischen Museum in Berlin hat die mit diversen altgedienten Journalisten wie Günther Bähr („Focus“), Sebastian Knauer („Der Spiegel“) und Klaus Liedtke („National Geographic“) besetzte Projektgruppe des Vereins die beiden ersten Teilaspekte des virtuellen Hauses ausgearbeitet: Voraussichtlich im April 2014 sollen eine Chronik der deutschen Presselandschaft von 1945 bis heute mit repräsentativen Inhalten aus jedem Jahr und eine Dokumentation der stetig herrschenden Kämpfe um die Pressefreiheit online gehen.

Um nicht nur die Ereignisse selbst, sondern auch die Pluralität der Berichterstattung darstellen zu können, ist der Verein auf die großen Presseverlage Deutschlands wie die Axel Springer AG, Gruner+Jahr, Spiegel Verlag, SüddeutscherVerlag und Zeit Verlag zugegangen. Sie alle haben die grundsätzliche Bereitschaft signalisiert, archivierte Inhalte für das „Haus der Pressefreiheit“ zur Verfügung zu stellen, mit weiteren Medienhäusern steht der Verein noch in Verhandlung.

Um den Grundstock zu legen und online zu gehen, reichen 150.000 Euro

Wenn Heinz Behrens und Michael Seufert, ebenfalls Vorstandsmitglied des Vereins, über ihr Projekt reden, spricht aus ihnen großer Enthusiasmus. Behrens spricht mit leuchtenden Augen von der Begeisterung der großen Museen für ihr Projekt, von den bereits konzipierten und den Inhalten, die mittel- und langfristig hinzukommen sollen. Seufert, der sich zusammen mit Knauer und dem ehemaligen Ersten Bürgermeister Hamburgs, Henning Voscherau, des Themenkomplexes Pressefreiheit annehmen wird, kann mit viel Verve über die Angriffe auf ebenjene referieren, von der „Spiegel“-Affäre bis zu der versuchten Einflussnahme von Unternehmen auf Reporter und den Vorgängen rund um den NSA-Whistleblower Edward Snowden.

Doch um all das umsetzen zu können, braucht es neben aller Hingabe vor allem Geld. Doch sind die Vorzeichen für das virtuelle deutlich besser als für das reale Museum. Behrens und Seufert sind zuversichtlich, die laufenden Kosten wie Servermiete und Inhaltspflege aus Sponsoring und den Mitgliedsbeiträgen für den Verein stemmen zu können. Und auch die initial benötigte Summe ist vergleichsweise bescheiden: War selbst für die Mindestausstattung des Museums noch die Summe von einer Million Euro veranschlagt worden, für eine komplette Dauerausstellung sogar 3,5 Millionen, kommt das digitale Haus mit 150.000 Euro aus, um online gehen zu können. Diese Summe würde reichen, um die Mediendesignagentur zu bezahlen und den Grundstock für das „Haus der Pressefreiheit“ zu legen. Zur Chronik und der Dokumentation der Kämpfe um die Pressefreiheit als ersten Schritten sollen dann sukzessive diverse weitere Inhalte kommen.

An Ideen mangelt es Behrens, Michael Seufert und den Mitgliedern der Projektgruppe nicht: Von Modulen wie „Pressestadt Hamburg“ über eine „Hall of Fame“ des deutschen Journalismus und speziell auf verschiedene Nutzergruppen zugeschnittene Inhalte bis zu eingebundenen Medienclips aus Fernsehen und Rundfunk sowie einem Liveticker, der Verstöße gegen die Pressefreiheit in Echtzeit wiedergibt, reichen die Ideen. Auch wenn zurzeit Gespräche mit verschiedenen potenziellen Förderern stattfinden, gibt sich Behrens dennoch nur verhalten optimistisch. Die Liebe zum seit vielen Jahren gehegten Traum vom Museum, ob im echten oder digitalen Leben, sie ist bereits oft enttäuscht worden.