Stefan Gwildis, Jocelyn B. Smith und weitere Musiker treten beim Auftaktkonzert zur Plattenladenwoche im Mojo auf
Mojo Club. Wer im Internet Musik kauft, der erhält oftmals Vorschläge, welche ähnlichen Künstler und Alben ihm noch gefallen könnten. Das Kulturgut Pop, es ist im weltweiten Web ein Produkt, das uns mithilfe von Computerprogrammen verkauft werden soll. Doch der interessierte Hörer hat in der Regel nicht nur den einen Geschmack, sondern verfolgt häufig viele, sich durchaus widersprechende musikalische Leidenschaften.
Für das komplexe Wesen Musik-Enthusiast, aber auch für Einsteiger-Fans gibt es seit Jahrzehnten eine Anlaufstelle: den Plattenladen. Dort gibt es neben Empfehlungen und Fachsimpeleien zudem ein Lächeln, mitunter sogar Kaffee oder Bier. Der Plattenladen ist ein Ort, in dem Tonträger sinnlich erfahrbar werden. Ein Plattenladen ist niemals still. Es läuft neue oder erlesene ältere Musik. Die Plattencover sind wie Kunstwerke ausgestellt und im wahrsten Sinne des Wortes begreifbar. Und selbst der Geruch ist ein spezieller. Die Plattenfächer, die Papierbooklets, die Pappschuber – all das verströmt eine ganz eigene Aura.
Um die Expertise und die Emotionen zu feiern, die sich in diesem besonderen Raum verdichten, wird vom 21. bis 26. Oktober zum bereits fünften Mal bundesweit die Plattenladenwoche zelebriert.
Der Schwerpunkt der Initiative, die 2012 mit einem Echo ausgezeichnet wurde, liegt in diesem Jahr auf dem Jazz. „Jazz ist immer aktuell, weil diese Musik so frei ist, sich immer wieder neu zu erfinden und immer wieder neue Blüten zu treiben“, sagt Jörg Hottas. Der Initiator der Plattenladenwoche und Geschäftsführer des Einzelhändlerverbandes AMM weist darauf hin, dass das Genre mit seinen vielen Facetten vom ursprünglichen New-Orleans-Sound über avantgardistische E-Musik bis hin zum aktuellen Elektro-Swing-Trend die Basis vieler Fachhändler ist. Stefan Gwildis, der mit dem Jazz aufwuchs, beschreibt seine Bewunderung für die Tonträgergeschäfte wie folgt: „Die kleinen alten Plattenläden sind für mich deshalb wichtig, weil sie einfach liebevoll geführt werden.“
Der Hamburger Soul- und Jazz-Barde ist live zu erleben, wenn diesen Montag im Mojo Club auf St. Pauli das Auftakt-Konzert zur Plattenladenwoche steigt. An der Reeperbahn wird Gwildis dann gewiss auch den Song „Die Läden (mit den geilen Scheiben)“ intonieren, den er eigens für die Aktion geschrieben hat und der auf dem neuen Plattenladenwoche-Sampler zu finden ist. Im Mojo teilt Gwildis die Bühne mit Jazz-Chanteuse Caro Josée, Cross-over-Pianist Jacob Karlzon und der stimmgewaltigen wie vielseitigen US-Sängerin Jocelyn B. Smith. Passend zum Thema öffnet im Mojo eigens für diese Eröffnungsnacht ein Plattenladen. Dort wird unter anderem eine Auswahl der legendären Mojo-Club-Sampler erhältlich sein, die für die Plattenladenwoche als limitierte Vinyl-Edition neu aufgelegt wurden.
Die Veranstaltung in Hamburg ist der Startschuss für sechs Tage mit Instore-Gigs bei freiem Eintritt und Autogrammstunden in mehr als 100 Läden in 70 Städten. Am Dienstag spielt bei Hanse-CD in der City zum Beispiel das Christoph-Busse-Quartett auf (17 Uhr, Große Bleichen 36). Der Pianist, der 1963 in Rendsburg geboren wurde und Jazz sowie klassische Musik in Amsterdam studierte, präsentiert an diesem Nachmittag unter anderem Songs seines neuen Albums „The Little Blue“. Rockfans kommen wiederum am Mittwoch auf ihre Kosten, wenn Ohrenfeindt-Frontmann Chris Laut während seiner Akustiktour zur Plattenladenwoche bei Remedy Records Station macht (18 Uhr, Stellinger Steindamm 2).
Ein ganz besonderes Bonbon hält Michelle Records am Freitag bereit: Bela B. bringt gemeinsam mit der Hamburger Musikerin Peta Devlin Akustiksongs seines 2014 erscheinenden Soloalbums zu Gehör (17 Uhr, Gertrudenkirchhof 10). Der Ärzte-Schlagzeuger hat eine sehr innige Verbindung zu jenem Ort, der in dieser Woche gefeiert wird. „Ein Plattenladen“, sagt er, „ist manchmal treuer als dein bester Freund!“
Plattenladenwoche Opening-Night Mo 21.10., Einlass: 19.30, Mojo Club (U St. Pauli), Reeperbahn1, Eintritt: 12 Euro im Vvk. zzgl. Geb.; www.plattenladenwoche.de