Im Februar 1883 hat Richard Wagner, in einem Palazzo residierend, Thomas Manns viel später entstandenes Bonmot über „Venedig sehen und sterben“ konsequent umgesetzt. Und auch heute noch würde so manchen Wagnerianer vor lauter Verzückung der Schlag treffen, bekäme er die Gelegenheit, etwas zu berühren, was im Besitz des Meisters war. So gesehen sollten alle Richard-Vergötterer, die wegen des endenden Wagner-Jubiläumsjahrs ohnehin schon gestresst sind, in den nächsten Tagen weite Bögen um die deutschen Verkaufsräume von Steinway-Flügeln machen. Ist womöglich besser für die Gesundheit. Denn Wagners Flügel aus der Bayreuther Villa Wahnfried, der ihm 1876 zum Start seiner Selbstbeweihräucherungsfestspiele als PR-Piano von den New Yorker Klavierbauern geschenkt wurde, ist auf Deutschlandtournee, vom 22. bis 26.10. gastiert er in Hamburg.

Fein erhalten ist das unbezahlbar wertvolle Instrument nach wie vor. Während Wagners Schwiegervater Liszt, viel zupackender und virtuoser als der unbegabte Pianist Richard, im Laufe seines langen Künstlerlebens garantiert etliche Instrumente kurz und klein gespielt hat, ist dieser Flügel noch praktisch fast wie beinahe neu. Und jeder, dessen Bitte-bitte-Mail an wagner@steinway.de erhört wird, darf jetzt ein wenig darauf pianieren. Aber was? Der Flohwalzer wäre zu albern und die meisten der wenigen Wagner-Klavierwerke sind zu mittelmäßig. Am besten also etwas Mendelssohn, zur symbolischen Entgiftung der Tastatur. Diese Klavierstunde hat sich Wagner, der Autor des antisemitischen Pamphlets über „Das Judentum in der Musik“, nun wirklich verdient.