Konzerte ohne sie können mir gestohlen bleiben. Ohne Pause(n) wäre _ nicht viel. Keine Gedankenpause zwischen den einzelnen Sätzen. Keine Atempause in den lautlosen Sekunden kurz vorm tosenden Schlussapplaus. Keine Ruhepause bei Sekt und Selters.

Was wäre, wenn Bach in seinen geistlichen Werken die Pausen einfach weggelassen hätte, etwa in der Arie „Zerfließe, mein Herze“ aus seiner Johannes-Passion an der Stelle „dein Jesus ist tot“?

Was war, wenn Pianistenlegende Alfred Brendel alle Sonatensätze attacca, ohne Pause, spielte – aus Angst, das Innehalten könnte durch einen Huster gestört werden?

Und was ist, wenn die ersten Klatscher ohne Pause direkt in den Schlusston einfallen? Dann wird man höchstens seiner selbst gewahr. Die klangvolle Stille, das geradezu körperlich spürbare Nachvibrieren der Musik geht im Beifall unter.

Pausen im Konzertleben gehören dazu, sie sind Teil der Musik. Sie können quälend sein – etwa in John Cages stillem Stück mit dem Titel „4‘33‘‘. Pausen können aber auch sehr beredt sein. Wo bliebe der Musikgenuss, wenn man sich zwischen Solokonzert und Sinfonie oder danach (wenn DIE Pause fehlt) nicht über das Erlebte austauschen könnte?

Pausen können müßig sein, still, laut, lebendig, vegetativ, nachdenklich – fest steht: „Ohne Pause“, so der Kapuzinerbruder Paulus Terwitte, „wird alles zur Pause“.

Bettina Brinker, 37, früher freie Mitarbeiterin im Kulturressort, ist Pressesprecherin des Schleswig-Holstein Musik Festivals